Tollpatschig ist ein milder Ausdruck dafür, wie Herwig Frad argumentiert, dass er sein Beamtengehalt kassiert, ohne zu arbeiten. Wer schwere Verpflichtungen wie Ballbesuche anführt, braucht auf die Skandal-Rufer nicht lange zu warten, haben die doch aus vielen Privilegiendebatten Übung. Auch wenn Frad geschickter argumentieren würde: Es ist schwer zu verstehen, warum er als Beamter auf bezahlten Sonderurlaub geht, um ehrenamtlich (aber bezahlt) Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger zu sein.

Die bisherigen Präsidenten, Hans Sallmutter etwa, machten diesen Job neben ihrem eigentlichen Beruf, ganz wie es der Selbstverwaltung entsprach. Aus diesem Gedanken heraus ist der Job des Hauptverbandschefs auch nicht hoch dotiert und bietet nur eine Aufwandsentschädigung. Allerdings - der Arbeitgeber der bisherigen Hauptverbandschefs war die Gewerkschaft. Und dort durften sie auf jedes Verständnis zählen, wenn sie sich zu Sitzungen des Hauptverbandes verabschiedeten.

Das ist Geschichte. Nach pannenreicher Diskussion hat die Koalition viel Spitzfindigkeit verwendet, ein Gesetz zu erfinden, warum der Hauptverband zwar arbeitnehmerdominiert sein soll, aber nicht Gewerkschafter wie Sallmutter oder Wilhelm Haberzettl als Präsidenten haben darf. Das war die Hauptsache - wer neuer Präsident wird, vergleichsweise Nebensache, wie der mit der Selbstverwaltungsstruktur umgeht, überhaupt seine Sache. Und so kann nun Frad dort sitzen und sich mit jeder Wortmeldung tiefer in die Privilegiendebatte hineinreden.

Frads Arbeitgeber ist Wirtschaftsminister Martin Bartenstein. Er könnte die Debatte beenden, indem er eine kreative Teilzeitlösung ermöglicht. Sonst fügt er der langen Geschichte des Umbaus des Hauptverbandes noch das Kapitel Gagenaffäre hinzu. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 23./24.2.2002)