Wie man mit guter Planung Tageslicht ins Kellerdunkel bringt: Das unterirdische Studiengebäude für die Wiener Albertina von den Architekten Mascher und Steinmayr wird dieser Tage übergeben.
Von Ute Woltron
Im Zuge der zu Beginn der 90er-Jahre in Angriff genommenen und voraussichtlich im März 2003 abgeschlossenen Generalsanierung des historischen Albertina-Gebäudes hinter der Wiener Staatsoper veranstaltete man 1993 einen Architekturwettbewerb, um die besten Erweiterungsvorschläge für das morsche und zu beengte Gemäuer zu finden. Das geforderte Programm stellte eine ausgesprochen schwierige Intervention in einer komplizierten gewachsenen Substanz dar. Die Architekten Friedrich Mascher und Erich Steinmayr konnten das Verfahren mit einem sehr einfachen und gerade deshalb überzeugend raffinierten Projekt für sich entscheiden. Die Bauarbeiten sind nun fertig gestellt, der neue Albertina-Trakt, bestehend aus einem riesigen unterirdischen Betoncontainer für die Albertina-Sammlung sowie einem Studiengebäude für Lehre und Forschung, kann dieser Tage übergeben werden. Die neuen Werkstätten, Studiensäle, Büroräume und Restaurierungslabors graben sich, wie auch das Hochsicherheitsdepot gleich daneben, im Bereich der Bastei tief in den Erdboden hinein, beide Baukörper sind von außen so gut wie unsichtbar. Dass trotzdem reichlich Tageslicht bis in das unterste Geschoß in immerhin dreißig Metern Tiefe sickern kann, verdankt der Zubau geschickt angeordneten Lichtschlitzen, einem gerade und unkapriziös gehaltenen, demnächst japanisch bepflanzten Innenhof, sowie dem großzügigen Einsatz des Materials Glas. Das gesamte Bauunternehmen war sowohl planerisch als auch konstruktiv eine Herausforderung der Ingenieurintelligenz, weshalb die Architekten zwei Generalunternehmer durchsetzen konnten: Die Porr war Bauverantwortliche, für die Stahl- und Glaskonstruktionen zeichnete das Unternehmen Alu-Sommer verantwortlich. Die Nettoherstellungskosten des neuen, über fünf Geschoße mächtigen Albertina-Speichers sowie des angeschlossenen Studiengebäudes betrugen rund 13 Mio. EURO (180 Mio. öS), zuzüglich Planungs-und Finanzierungskosten ergibt sich eine Gesamtsumme von 18,2 Mio. EURO. Die Architekten Mascher und Steinmayr schufen unaufwändig überraschend angenehme und moderne räumliche Atmosphären. In den durchwegs hellen, luftigen Räumen kommt man kaum je auf die Idee, sich eigentlich weit unter Straßen- und Basteiniveau zu befinden. Das Licht rieselt indirekt ein, es wurde für die dort getätigten wissenschaftlichen Arbeiten an kostbaren Kunstwerken, denen nur Feuchtigkeit noch mehr schaden kann als pralle Sonne, optimal eingefangen. Die vorherrschenden Materialien sind - fast überall auffällig gut gearbeiteter - Sichtbeton, das bereits erwähnte Glas, das auch als Raumtrenner eingesetzt wurde, und Eichenholz in Form von Parketten und Wandverkleidungen: gelungene und unaufdringliche Architektur. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24. 2. 2002)