Wien - Scharfe Kritik an den Überlegungen der
Bundesregierung zum Integrationsvertrag ist am Montag vom Wiener
Integrationsfonds (WIF) gekommen. Geschäftsführer Hannes Seitner
wandte sich in einer Pressekonferenz vor allem gegen die geplante
Verknüpfung der Deutschprüfung mit der Drohung der Abschiebung. Kein
Verständnis dafür haben auch die Anbieter von Sprachkursen. Mario
Rieder vom Sprachenzentrum der Volkshochschule Ottakring will zwar
noch auf die Details warten. Aber: "So wie es jetzt ausschaut, würden
wir diese Kurse nicht anbieten." Für Seitner ist das Kernproblem, dass in den Überlegungen der
Bundesregierung Integration auf Spracherwerb reduziert werde. Hikmet
Kayahan, Mitglied im WIF-Kuratorium und Vertreter der im
Integrationsbereich tätigen Vereine und Organisationen, schloss sich
dem an. Sprachkenntnisse seien förderlich, letztlich aber nur "ein
Steinchen des Mosaiks". Die Probleme etwa am Arbeits- oder
Wohnungsmarkt wären damit nicht gelöst: "In dieser Problemspirale an
diesem kleinsten Pünktchen anzusetzen, zeigt, dass die Regierung
keine Konzepte hat, sondern nur darauf abzielt, die Menschen zu
verunsichern." Überhaupt hätten die Immigranten im Gegensatz zu oft
gemachten Darstellungen sehr wohl Interesse daran, die deutsche
Sprache zu erlernen.
Deportation bei Nicht-Bestehen
Rieder betonte, er lehne es vor allem ab, Prüfungen abzunehmen,
deren Nicht-Bestehen zur Folge habe, dass Menschen "deportiert"
würden. Er halte auch punktuelle Leistungsüberprüfungen für wenig
sinnvoll. Stattdessen sollte etwa nach dem vom Europarat
ausgearbeiteten Modell des "Sprachen-Portfolios" vorgegangen werden.
Vorteil sei, dass mit dem Lernenden Ziel vereinbart würde.
Ausgegangen werde dabei von bereits erreichten Kompetenzen und nicht
von Defiziten.
Die Kritik des WIF beschränkt sich aber nicht auf den
Sprachbereich. Seitner stellte dem "Integrationsdiktat" der
Bundesregierung das Konzept einer "WohnbürgerInnenschaft" gegenüber.
Eckpunkte sind die Harmonisierung von Aufenthalts- und
Beschäftigungsrecht, Maßnahmen zur sozialen Gleichstellung von
Migranten etwa im sozialen Wohnbau, die Verabschiedung eines
Antidiskriminierungsgesetzes sowie eine erleichterte Einbürgerung mit
dem Recht auf die Staatsbürgerschaft bereits nach fünf Jahren
Aufenthalt in Österreich.
Stoisits: Österreich fällt international ab
Erneute Kritik an den Überlegungen der
Bundesregierung zum so genannten Integrationsvertrag kommt von der
Grünen Minderheitensprecherin Terezija Stoisits. Der österreichische
Integrationsvertrag halte einem Vergleich mit den
Integrationsmaßnahmen anderer Länder wie Holland oder Schweden nicht
stand. Während Schweden für Sprachkurse pro Migranten 3.300 Euro
(45.409 S) pro Jahr ausgebe, "glaubt die Regierung mit
Zwangsmaßnahmen die Kurskosten auf die Betroffenen abwälzen zu
können", sagte Stoisits am Montg in einer Aussendung.
Obwohl es eine Verpflichtung zum Kursbesuch geben soll, fehle
bisher ein "breites, bundesweites Angebot, das auf die Bedürfnisse
der MigrantInnen abgestimmt ist", so Stoisits. Die Migranten würden
bestraft, dass die Regierung nicht in der Lage sei, das notwendige
Angebot bereitzustellen. "Perfider geht es kaum", kritisiert die
Grün-Politikerin. Ein Integrationspaket müsse soziale, politische und
gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten und Förderungen für Migranten
beinhalten und nicht Sanktionsandrohungen.(APA)