Wien - Unternehmen lassen sich das berufliche Funktionieren ihrer Mitarbeiter zunehmend etwas kosten. Sie betrachten ihre Arbeitnehmer als Menschen, die sich in einem komplexeren Lebensumfeld befinden als bloß Teil eines Unternehmens zu sein. 24 Stunden reichen - meistens für Frauen - eben oft nicht aus, um Beruf, Beziehung, Familie und Betreuung von Angehörigen unter einen Hut zu bringen. Drei Dutzend große Unternehmen, darunter die Erste Bank, Raiffeisen, Shell und das Verkehrsbüro, bieten ihren Mitarbeitern deswegen mittlerweile kostenlosen Zugang zur Vermittlung einer Kinderbetreuung (auch im Krankheitsfall), zu Betreuungseinrichtungen für pflegebedürftige Familienmitglieder, zur Beratung in der Schwangerschaft, der Karenz, dem Wiedereinstieg und bei Ehe- und Partnerkrisen. "Wenn wir von unseren Mitarbeitern immer mehr verlangen, dann müssen wir entsprechende Rahmenbedingungen schaffen", erklärt Rupert Dollinger , Personalchef der Erste Bank, das Engagement seines Instituts beim Verein Familienservice. Dezentrale Unterstützung Pro Mitarbeiter werden im Jahr 7,32 EURO (100 S) gezahlt, dafür hilft das Familienservice bei der Babysittersuche, betreut karenzierte Mitarbeiter, informiert über adäquate Kindergärten, steht mit rechtlichen und psychologisch geschulten Fachleuten zur Verfügung. "Unmittelbar ist das natürlich nicht rentabel", so Dollinger, "aber dezentrale Unterstützung ist bei unseren Mitarbeitern besser angekommen als zentrale Organisation wie etwa ein Betriebskindergarten." Auch Josef Dellinger, Personalleiter bei Raiffeisen, sieht die Aufwendungen positiv: Die Belegschaft nehme das Angebot gut an, der Kooperationsvertrag mit dem Familienservice wird verlängert. Im Verkehrsbüro läuft die Kooperation unter dem Motto "service inside". "Solche Angebote binden an die Firma und verringern die Fehlzeiten", sagt Edith Wilner, Gründerin des Vereins, wobei sie vieles nicht ausspricht: Welche Mutter weiß nicht, dass sie in Krankenstand gehen muss, wenn eines der Kinder wieder krank ist und der Babysitter sich weigert zu kommen. (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe 26.2.2002)