Bild nicht mehr verfügbar.

Indian Point

Foto: Archiv
Washington - Das Atomkraftwerk Indian Point im Staat New York gilt nach den jüngsten Terrorwarnungen in den USA als eines der möglichen Anschlagsziele. Auch Präsident George W. Bush sagte schon, es herrsche Sorge, das vor 40 Jahren errichtete AKW sei nicht genügend gegen einen Anschlag geschützt. Bedenkliche Details veröffentlichten nun die New Yorker Daily News, die entsprechende Experten befragt hatten. Indian Point liegt rund 56 Kilometer nördlich der New Yorker Stadtgrenze. Im Umkreis von rund 16 Kilometern leben 288.000 Menschen, die bei einem Unfall oder Anschlag sofort in Sicherheit gebracht werden müssten. Innerhalb von 80 Kilometern um das AKW sind es 20 Millionen, die durch radioaktive Verseuchung gefährdet wären. Die Evakuierungspläne aber seien veraltet, kritisieren die Fachleute. Zum Beispiel würden heutzutage zuerst in Sicherheit gebrachte Gruppen (etwa Schüler) ihre Angehörigen über Handy informieren und dadurch Panik und Verkehrsstaus erzeugen. Die Pläne gingen aber noch davon aus, mit gezielter Informationszurückhaltung einen geordneten Abtransport der Gefährdeten sichern zu können. Problem Schutzhüllen Das Hauptproblem sind die Schutzhüllen um die beiden in Betrieb stehenden Reaktoren. Einem Anschlag mit einem als Bombe eingesetzten voll getankten Passagierflugzeug könne der Betonmantel nicht widerstehen. Den schwersten Fall - eine Kernschmelze - angenommen, könnte dies laut einer Studie der US-Atombehörde NRC (Nuclear Regulatory Commission) bis zu 50.000 Todesopfer innerhalb eines Jahres verursachen. Eine weitere Gefahr sehen Fachleute in der Lagerung von 1500 Tonnen ausgebrannter Brennstäbe und anderer verstrahlter Teile in Indian-Point-Gebäuden, die alle einem Anschlag mit einem Jet nicht standhalten dürften. Streit um Schließung Der Betreiber des AKW, der US-Energiekonzern Entergy, hat jetzt mit einer Inseratenkampagne für die Sicherheit des Kraftwerks geworben und vor den Folgen einer Schließung gewarnt. Dies würde die Strompreise drastisch steigen lassen. Außerdem würden 1500 Arbeitsplätze vernichtet und (umgerechnet) 39 Millionen Euro (rund 537 Millionen Schilling) Steuern für die örtliche Wirtschaft verloren gehen. Wegen des geringeren Energieangebots müsse dann auch mit mehr Stromausfällen in Spitzenverbrauchszeiten gerechnet werden. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass ein Reaktor in Indian Point im Jahr 2000 wegen eines Lecks bereits längere Zeit außer Betrieb gewesen sei; ohne Versorgungspro-bleme. Das AKW sollte auch wegen allgemeiner Sicherheitsbedenken stillgelegt werden, meinen die Atomkraftgegner in den USA. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26. 2. 2002)