Luxemburg/Wien - Die Reaktionen der österreichischen Rechtsanwälte waren in der vergangenen Woche geteilt: Die einen freuten sich über die Bestätigung des standesrechtlichen Verbots interdisziplinärer Partnerschaften durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die anderen - zumeist Partner größerer Wirtschaftssozietäten - grämten sich, dass sie ihre informellen Kooperationen mit Wirtschaftsprüfern und Steuerberaten auch künftig nicht werden formalisieren dürfen.Da zu der ersten Gruppe die große Mehrzahl der rund Viereinhalbtausend Anwälte in Österreich gehört, war die Position ihrer Standesvertretung, des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, klar: Er begrüßte die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache C-309/99 (19. 2. 2002). Der EuGH hatte in einem niederländischen Fall zu entscheiden gehabt, bei dem sich Anwaltskanzleien mit den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften PriceWaterhouse und Arthur Andersen in Sozietäten hatten zusammenschließen wollen. In einigen EU-Staaten ist so etwas erlaubt, nach niederländischem und nach österreichischem Standesrecht aber ist es verboten. Einige der größeren Wirtschaftskanzleien Österreichs sehen daher für sich Nachteile im Wettbewerb um internationale Großmandate. Der EuGH erkannte nun in dem Verbot gemischter Sozietäten zwar wettbewerbsbeschränkende Wirkungen auf dem Markt für juristische Dienstleistungen. Zudem können Mandanten keine integrierten Dienstleistungen im "one-stop-shop" bekommen. Auch der innergemeinschaftliche Handel ist nach Ansicht des EuGH durch diese Regelung betroffen, da sie auch für Gastanwälte aus anderen EU-Staaten gilt. Die Richter bewerteten diese Einschränkungen aber im Ergebnis als rechtmäßig, soweit für Wirtschaftsprüfer anders als für Rechtsanwälte kein Berufsgeheimnis gilt. Sie sehen das Risiko von Interessenkonflikten und der Unvereinbarkeit von Rechtsberatung und Abschlussprüfung. Der EuGH traf am selben Tag noch ein zweites Anwaltsurteil. Im Verfahren C-35/99 stellte er in einem italienischen Fall fest, dass Anwaltskammern mit staatlicher Genehmigung eine verbindliche Gebührenordnung für Anwaltsleistungen beschließen dürfen. (jwo)