Innovationen
Computersystem ermöglicht 3D-Reise ins Körperinnere
Vorteile bei der Medizinerausbildung
Eine Reise durchs Körperinnere in
drei Dimensionen macht ein Computerprogramm der Technischen
Universität Braunschweig möglich. Studenten der Göttinger
Universitätsklinik sollen ab Sommer mit der von Medizininformatiker
Michael Teistler entwickelten Software virtusMED
ausgebildet werden.
Vorteile für Studenten
"Durch die dreidimensionale Darstellung werden die Studenten
schneller und besser ein Verständnis für den Körper entwickeln", sagt
der leitende Oberarzt der Unfallchirurgie an der Göttinger
Universitätsklinik, Privatdozent Klaus Dresing.
Nicht nur für die Ausbildung
"Nicht nur in der Ausbildung, auch in der Diagnose und Operations-
Vorbereitung kann das System eingesetzt werden", sagt Teistler. Neben
Lehrprogrammen kann virtusMed auch individuelle Bilder von jedem
Patienten in Sekunden auf den Bildschirm bringen. Dazu werden die
bereits vorhandenen Daten - zum Beispiel von Computertomographien und
Ultraschallaufnahmen - in dreidimensionale Darstellungen umgerechnet.
Der Clou dabei
Der Clou dabei ist, dass mit Hilfe einer virtuellen
Untersuchungssonde beliebige Schnittbilder durch den menschlichen
Körper erzeugt werden können. Die Beziehung von Gefäßen, Nerven,
Organen und Knochen wird dadurch deutlich. Im Gegensatz zu bisherigen
Systemen können diese Abbildungen auf dem Bildschirm problemlos
gedreht und das Innere eines Körpers aus jedem beliebigen Blickwinkel
betrachtet werden. Durch die räumliche Ansicht kann der Operateur
besser erkennen, wo er den Schnitt setzen muss.
Organe oder Gelenke können zudem in Kontrastfarben auf dem
Bildschirm ein- oder ausgeblendet werden. Aus einmal gewonnenen Daten
simuliert das Programm beliebige Röntgenbilder. Das System kann mit
einer Datenbrille gekoppelt werden, die das Körperinnere noch
wirklichkeitsnäher erscheinen lässt.
Zugriff auf Datenbank des Visible Human Projects
Ursprünglich hatte Teistler virtusMed als reines interaktives
Lehrsystem für Medizinstudenten programmiert. Als solches greift die
Software auf die Datenbank des so genannten Visible Human Projects
zurück (National Library of Medicine, USA), das Tausende
Schnittansichten eines menschlichen Körpers zur Verfügung stellt.
"Nur ein Arzt, der das Körperinnere genau kennt, kann zum Beispiel
Ultraschall-Aufnahmen richtig anfertigen und auswerten", sagt
Teistler.
"Ultraschall ist oft schwer zu interpretieren"
"Ultraschall ist oft schwer zu interpretieren", erläutert Dresing.
Mit virtusMed wird seiner Meinung nach das Erlernen deutlich
verbessert. Eine parallel zum Einsatz von virtusMed beginnende Studie
an der Göttinger Universität soll diese These belegen.
Die Universitätsklinik Göttingen ist die erste Hochschule, die das
System einsetzen wird. Teistler geht davon aus, dass seine
Entwicklung in wenigen Jahren in der klinischen Diagnostik ebenso
einen festen Platz einnehmen wird wie in der Medizinerausbildung. Da
die Software und Basishardware mit einem Standard-PC benutzt werden
kann, ist das System zudem relativ kostengünstig. Bei einem
internationalen Radiologenkongress in Chicago mit 58.000 Teilnehmern
überzeugte virtusMED im Dezember 2001 bereits die Fachwelt. Von 105
Neuentwicklungen wurde Teistlers als beste prämiert.(APA/Sabine Lohse/dpa)