Parlament
Misstrauensantrag der Opposition abgelehnt
Stattdessen "Vertrauensantrag" der Klubs für ihre Regierung beschlossen
Wien - Erwartungsgemäß keine Mehrheit fand Mittwoch im
Nationalrat der Misstrauensantrag der Grünen gegen die
Bundesregierung. Ebenfalls erwartungsgemäß wiesen Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel (V) und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer (F),
unterstützt von den Abgeordneten ihrer Fraktionen, die
Oppositionskritik an ihrer Arbeit zurück. Neu war eine weitere
Verteidigungsaktion der Koalitionsklubchefs Andreas Khol (V) und
Peter Westenthaler (F): Sie "erfanden" einen von Khol so genannten
"Vertrauensantrag", der erwartungsgemäß mit der VP-FP-Mehrheit
beschlossen wurde. Gelegenheit für das neuerliche "Match" Opposition gegen Regierung
bot die Präsentation des neuen FPÖ-Regierungsmitgliedes, Mathias
Reichhold, als Nachfolger von Infrastrukturministerin Monika
Forstinger (F) samt Erklärungen Schüssels und Riess-Passers zur
künftigen Regierungsarbeit.
Anlass für die Grünen, den insgesamt elften Misstrauensantrag der
schwarz-blauen Legislaturperiode einzubringen, waren die Streitereien
in der Regierung unter "Schattenkanzler Haider". Die Koalition
"schafft es nicht, der Rechtsstaatsverweigerung und dem
außenpolitischen Amoklauf des Kärntner Landeshauptmannes einen Riegel
vorzuschieben", kritisierte Grünen-Chef Alexander Van der Bellen:
"Diese Regierung, vor allem ihr FPÖ-Teil, verdient tatsächlich
Misstrauen."
Schüssel und Riess-Passer antworteten, indem sie einmal mehr die
bisherigen Erfolge der Koalition - vom Kindergeld bis zum Nulldefizit
- anpriesen. "Dieser Weg verdient Vertrauen, nicht Ihr Misstrauen",
meinte der Kanzler. Österreich stehe heute besser da als vor zwei
Jahren. Und Riess-Passer kam zu dem Schluss: "Der Vergleich macht
sicher." Verglichen wurde der VP-FP-Kurs auch von den
Koalitionsabgeordneten immer wieder mit der Situation im rot-grün
regierten Deutschland.
SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer warf der Regierung einen "verfehlten
Kurs" vor. "Die Regierung hat bewiesen, dass
Misstrauensanträge ihren Wert haben", meinte er - angesichts dessen,
dass auch Misstrauensanträge gegen Forstinger abgelehnt worden waren
und diese jetzt doch zurückgetreten sei. Zustimmen könne er
Riess-Passer, wenn sie - wie kolportiert wurde - in der jüngsten
Parteivorstandssitzung gesagt habe: "Wir haben alle Aufgaben
übernommen, die eine Schuhnummer zu groß für uns sind."
ÖVP-Klubobmann Khol brachte den Entschließungsantrag "betreffend
Vertrauen für diese Bundesregierung" ein. Der Klub vertraue nicht nur
"dem Kurs und der Mannschaft", versicherte er, sondern "auch unserem
Koalitionspartner". ÖVP und FPÖ seien ein "gutes Team", sie würden
weiter die geplanten Reformen durchführen. "Die Geburtsstunde einer
neuen Einheitsopposition rot und grün" sah FPÖ-Klubobmann
Westenthaler in dem Misstrauensantrag. Die Opposition wolle "das
Modell ausweiten, das in Deutschland schon so erfolglos tätig ist.
Das brauchen wir in Österreich nicht... Nein danke".
Die Irak-Reise des Kärntner Landeshauptmannes war schon zum
Auftakt der Sitzung das von der SPÖ ausgewählte Thema einer Aktuellen
Stunde. In einer turbulenten Diskussion forderte die SPÖ Aufklärung
über die Rolle des Außenmininisteriums im Zuge von Haiders Reise.
Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) - der Außenministerin
Benita Ferrero-Waldner (V) vertrat - wies alle Vorwürfe der
Opposition zurück.
Am Nachmittag wurde über die Einrichtung der Agentur für
Gesundheit und Ernährungssicherheit diskutiert.
Landwirtschaftsminister Wilhelm Molterer (V) sprach von einer
"Weiterentwicklung für den Verbraucherschutz". Die Opposition
kritisierte, dass durch die Agentur die Lebensmittelsicherheit nicht
steige. Dieses Ziel wäre nur durch verstärkte Kontrollen zu
bewerkstelligen. In der heutigen Sitzung stehen zudem u.a. die
Neuordnung der forstwirtschaftlichen Bundesanstalten, das neue
Abfallwirtschaftsgesetz sowie soziale Fragen an. So sollen
Arbeitnehmerbeiträge für private Pensionsvorsorgen prämienbegünstigt
werden. (APA)