Rabat/Madrid - Österreichs Außenministerin Benita Ferrero-Waldner mochte sich am zweiten Tag ihrer Nordafrikareise über den "höchstrangigen Empfang" durch Präsident Abdelaziz Bouteflika am Dienstag in Algier freuen - die sahrauischen Flüchtlinge im Süden des Landes, die lange auf Unterstützung österreichischer Politiker zählen konnten, kamen dieses Mal zu kurz. Dabei scheinen die Sahraui und ihr Präsident Abdelaziz weiter denn je vom unabhängigen Staat entfernt. Sogar Erdölkonzerne wie TotalFinaElf und Kerr-McGee bohren in der Westsahara bereits illegal nach Öl. So lautet der Vorwurf der UNO.


Rechtsverletzung

Das französische und das US-amerikanische Konsortium unterzeichneten bereits vergangenen Herbst mit Marokko Verträge, um in der ehemaligen spanischen Kolonie nach Erdölvorkommen zu suchen. Eine im Auftrag des UN-Sicherheitsrat erstellte Studie kam nun zum Schluss, dass die Suche nach Erdöl "nicht per se unzulässig" sei, doch die spätere Förderung "eine Verletzung internationaler Rechtsprinzipien hinsichtlich Gebieten, die nicht selbstständig regiert werden", darstelle. Nach diesem Urteil dürften sich die beiden Ölkonzerne aus der Westsahara zurückziehen.

Das Gutachten gibt der Befreiungsbewegung Polisario Recht, die sich im Herbst an den UN-Sicherheitsrat gewandt hatte. Die Polisario kämpft für die Unabhängigkeit der Westsahara, die nach dem Abzug Spaniens seit 1976 von Marokko besetzt ist. Seit elf Jahren versucht die UNO einen Friedensplan für die Region umzusetzen. Ein Referendum über die Zukunft der Westsahara scheiterte immer wieder an Marokko. Rabat legte Tausende von Widersprüchen gegen die Wähleridentifizierung ein und blockierte damit die Arbeit der UN.

Das Gutachten über die Ölsuche könnte Folgen haben. So hat Marokko auch immer wieder Fischfanglizenzen für die Bestände an der Atlantikküste der Westsahara vergeben. Außerdem verkauft Marokko in der Westsahara gefördertes Phosphat. Beides dürfte nach der Rechtsauffassung, die jetzt bei der Erdölfrage zugrunde gelegt wurde, illegal sein.

Marokko sucht seit Jahren verzweifelt nach Erdöl. Denn das schwarze Gold könnte das hoch verschuldete Landes sanieren helfen. Doch das Glück ist den Marokkanern nicht hold. Im vergangenen Jahr verkündete König Mohammed VI. Erdölfunde in Talsint an der Grenze zu Algerien. Die Probebohrungen sollten "die Sensation" nicht bestätigen. Mit Unwillen sieht Marokko deshalb die Bohrungen des spanischen Repsol-Konzerns vor den Kanaren und protestierte in Madrid. Was Rabat auch in diesem Streit verschweigt: Zumindest ein Teil der kanarischen Gewässer grenzt nicht an Marokko, sondern an die Westsahara.(Der STANDARD, Printausgabe 27.2.2002)