Wien - Mindestens 300.000 Haushalte in Österreich sind überschuldet, also Fälle für die Gerichte, schätzt der Chef der Wiener Schuldnerberatung, Alexander Maly. Die Zahl der betroffenen Haushalte mit Schuldenproblemen nimmt ständig zu, ein Rückgang sei derzeit nicht absehbar. Rund ein Drittel der überschuldeten Familien leben in Wien 40 Prozent davon sprechen nicht Deutsch als Muttersprache. Das Alter der Klienten, so Maly, werde, unter anderem ausgelöst durch den Handy-Boom, immer jünger. Allein im Jänner des laufenden Jahres habe sich die Zahl der neuen Klienten bei der Wiener Schuldnerberatung auf 400 Betroffene verdoppelt. Dies sei unter anderem auch auf die Euro-Umstellung zurückzuführen, betonte Maly. Die Leute mussten mehr rechnen und bemerkten teilweise erst jetzt, wie wenig sie verdienen. Durch die kleinen Beträge bekamen immer mehr Betroffene Angst, mit dem Geld nicht auszukommen. Durchschnittliche Verschuldung bei 73.000 Euro Während die Zahl der Schuldner in Österreich kontinuierlich ansteigt, stagniert die durchschnittliche Verschuldung bei rund 73.000 Euro (rund 1 Mill. S). Bei ehemaligen Selbstständigen beträgt die Verschuldung rund 146.000 Euro, im privaten Bereich rund 36.000 Euro. Die Hauptschuld an der steigenden Verschuldung, so Maly, tragen die Banken, die an einem in Verzug gekommenen Zahler besser verdienen als an einem prompten Zahler. Rasant angestiegen sei die Zahl der Problemfälle seit der Einführung der Drittschuldabfrage im Jahr 1986, wodurch Gehaltspfändungen erleichtert wurden. Seit damals können die Kreditinstitute beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger den jeweiligen Arbeitgeber eines Schuldners für eine Lohn- oder Gehaltspfändung abfragen. Unkontrollierte Kontoüberziehungen Der Handy-Boom habe vor allem bei Jüngeren zu unkontrollierten Kontoüberziehungen geführt. Und auch auf der so genannten Watchliste des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV), der Warenkreditevidenz (WKE) sind die Zuwächse bei den Zahlungsanständen von rund 300.000 im Jahr 2000 auf rund 445.000 im Vorjahr vor allem auf Schulden im Telekommunikationsbereich zurückzuführen, betonte KSV-Experte Harald Heschl. Die Handy-Schulden können bis zu rund 1.800 Euro steigen, erst dann dreht der Provider die Verbindung ab. Die WKE wurde 1993 vom KSV gemeinsam mit den großen Versandhäusern (Quelle, Neckermann, Otto, Universal) und Telekomfirmen gegründet. Auf die Watchlist kommen säumige Zahler, deren Rechnungen bereits einem Rechtsanwalt oder einem Inkassobüro übergeben wurden. Zuletzt waren in der WKE 334.617 Personendaten registriert, die Zahl der Zahlungsanstände lag mit 444.679 Fällen deutlich darüber. Parallel dazu führt der KSV noch eine zweite Watchlist, die Konsumentenkreditevidenz (KKE), der die österreichischen Banken angehören. Per Jahresende 2001 werden in der KKE 2,6 Mill. Personen mit 3,5 Mill. Krediten registriert. Die Zahl der Zahlungsanstände war mit rund 624.000 gegenüber dem vorangegangenen Jahr nahezu unverändert.(APA)