Problem Jammern
Aber es geht nicht um Einzelschicksale. Das war mein Problem als Politikerin, dass man Erfolge nicht trommeln kann. Ich musste zeigen, wie traurig die Lage ist, um den nächsten Schritt zu setzen, heraus kam: Die Frauen jammern. Aber hätten wir gesagt, super, alles erreicht - das hätte ihnen gepasst, den Brüdern.
Fenderl: Ich fand es spannend zu zeigen, dass auch privilegierte Frauen Diskriminierung erleben. Auch im eigenen Umfeld sind die Strukturen deutlich. Bei Zeitungen gibt es keine Chefredakteurin, im ORF wenige Chefinnen.
Dohnal: Die Führungsetagen sind noch männlich. Und Frauen, die in Führungsetagen kommen, sind die, die das System nicht infrage stellen.
Fenderl: Das ist mir zu radikal. Was stimmt: Entscheidungen rennen auch beim Schnapseln. Dort ist es anstrengend, bei jedem blöden Männerschmäh aufzuschreien.
Dohnal: Aber mit Charme erreicht man nichts. Man muss permanent dranbleiben, auch wenn man als lästiges Männerweib bezeichnet wird.
STANDARD: Kinder sind bei vielen Frauen im Buch Thema, wenige haben Kinder. Generell sorgt sich Minister Herbert Haupt um die Geburtenrate.
Dohnal: Wie viele Kinder hat denn der Haupt?
Fenderl: Keines. Es ist kein Zufall, dass in Skandinavien, wo die Kinderbetreuungssituation anders ist, die Geburtenrate höher ist. Bei uns müssten viele mit Kind zurückstecken im Job, und das wollen viele nicht. Es gäbe mehr Männer, die bereit wären zur Karenz. Aber laut einer EU-Studie ist Österreich Schlusslicht bei der Einkommensverteilung - Frauen verdienen nur 65 Prozent von Männern.
STANDARD: Auch unter SPÖ-Kanzlern ging wenig weiter.
Dohnal: Dafür sind die Kindergartenplätze ein gutes Beispiel. Die Widerstände kamen von ÖVP-Landeshauptleuten, da hätte es zentralistischen Eingriff gebraucht. Ich habe zwölfmal ein Bundesgesetz eingebracht, manchmal bin ich mir wie ein Depperl vorgekommen. Das Gesetz hätte durchgekämpft gehört, aber der SPÖ war es zu unwichtig, dafür einen Konflikt mit der ÖVP zu riskieren. SPÖ-Männer sind auch Männer.
Um die jetzige Situation zu verändern, muss Druck von außen kommen. In der Wirtschaftskrise ist es praktisch, wenn für Geschlechterdemokratie keine Zeit ist. Aber es gibt zu viele Frauen, die sich nicht abdrängen lassen.
Fenderl: Ich will nicht dauernd kämpfen. Da ist ein Unterschied der Generation, dass wir mit der Selbstverständlichkeit in den Job gehen, uns gehört die Hälfte.
STANDARD: Das macht Männern Angst, Ventil ist der Männerbeauftragte. Was sagen Sie dazu?
Dohnal: Am besten nichts.
Fenderl: Manche Männer tun sich schwer mit selbstbewussten Frauen. Andererseits sagen Männer, da kriegt eh die Frau den Job. Ich habe kein Mitleid mit Männern, aber das ist auch nicht ganz leicht.
Dohnal: Die Fakten schauen anders aus, da bleibt keine Zeit zu fragen, ob ich Mitleid mit Männern habe. Außerdem will ich meinem Klischee gar nicht mehr untreu werden.
STANDARD: Die Frauen in Ihrem Buch sind "30erinnen". Wie geht es mit denen weiter?
Fenderl: Wir haben den Anspruch, alles zu wollen - im Job zu sein und Kinder zu haben. Es wird sich zeigen, ob wir das schaffen. Ich hasse Worte wie Powerfrauen und fand spannend, dass im Buch Frauen über Essstörungen klagen. Das ist auch mein Problem mit der Ally-Generation-Geschichte - Ally McBeal ist eine witzige Serie, aber dass eine offenbar Kranke zum Idol einer Generation erhoben wird, finde ich nicht so toll.
STANDARD: Wann ist Gleichberechtigung erreicht?
Dohnal: Mir gefällt Geschlechterdemokratie besser. Eine Demokratie, die davon lebt, dass eine Gruppe auf Kosten der anderen lebt, ist keine.