Den Haag/Wien (APA) - Der Prozess gegen den ehemaligen
jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic vor dem
UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag ist am Donnerstag mit
weiteren Zeugenaussagen von Halid Barani fortgesetzt worden. Barani,
Vorsitzender des Komitees zum Schutz der Menschenrechte in Kosovska
Mitrovica und Mitglied der LDK von Albaner-Führer Ibrahim Rugova,
hatte bereits am Mittwoch über massenhafte Vertreibungen der Albaner
rund um die Gegend von Kosovska Mitrovica berichtet.
Zudem präsentierte er eine Liste mit albanischen Todeskandidaten.
Eine serbische Organisation habe die 66 dort aufgeführten
Kosovo-Albaner töten lassen wollen, sagte Barani. Die "Freunde des
Gerichts" ("amici curiae") haben angekündigt, ein Gutachten über
dieses Dokument wegen "ungewöhnlicher Schreib- und Grammatikfehler"
zu verlangen.
Unterdessen hat der bekannte Belgrader Experte für Völkerrecht,
Vojin Dimitrijevic, erklärt, dass Jugoslawien Milosevic im Prozess
unterstützen sollte. "Wie auch jedem Bürger, der vom Tribunal
angeklagt ist, sollte der Staat auch Slobodan Milosevic helfen",
sagte Dimitrijevic gegenüber der Belgrader Tageszeitung "Blic"
(Donnerstag-Ausgabe). Der Staat dürfe allerdings keine Informationen
zur Verfügung stellen, die ein Staats- oder Militärgeheimnis
darstellen würden, fügte er hinzu.
Dimitrijevic äußerte auch den Verdacht, dass "höchstwahrscheinlich
die treuen Reste aus der Staatssicherheit und ähnliche Behörden der
Armee Jugoslawiens" Milosevic Detailinformationen zur Verfügung
stellen würden. Der Ex-Präsident, der das Haager Tribunal nicht
anerkennt und sich selbst verteidigt, hatte bisher bei den
Kreuzverhören mit Detailwissen verblüfft. Auch schließe er die
Möglichkeit nicht aus, dass ausländische Geheimdienste ihre Finger
im Spiel hätten. Es sei "unglaublich, dass Milosevic nichts über
Srebrenica weiß, aber dass ihm viele Details aus dem Leben normaler
Menschen bekannt sind, die als Zeugen vor dem Gericht auftreten",
sagte Dimitrijevic.