"Die EU ist das Hauptopfer dieser Maßnahmen", hob denn auch Kommissar Lamy hervor. Er kündigte an, sofort ein Verfahren bei der Welthandelsorganisation WTO gegen die USA einzuleiten. Auch aus den europäischen Hauptstädten meldete sich Protest, so vom deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder und von Frankreichs Präsident Jacques Chirac. Österreichs Wirtschaftsminister Martin Bartenstein warnte vor einer Eskalation und einem Handelskrieg.
Handelsströme
Der Kommissar kündigte indes noch eine weitere Prüfung an. "Wir werden unseren eigenen Markt gegen das Risiko schützen müssen, dass die Stahlhandelsströme, die nicht mehr in die USA gelangen, hierher umgeleitet werden", so Lamy. Die Kommission werde sich am kommenden Dienstag mit den EU-Mitgliedstaaten beraten. Sobald es Hinweise darauf gebe, dass die Importe in die EU stiegen, würden vorläufige Maßnahmen eingeleitet, sagte Lamy.
Für die anstehende Streitschlichtung vor der WTO gab sich der Kommissar optimistisch: "Den Fall werden wir höchstwahrscheinlich gewinnen." Lamy wurde allerdings nicht müde zu betonen, dass sich die EU bei all ihren Gegenmaßnahmen immer an die Vorschriften der Welthandelsorganisation halten werde. "Unsere politische Antwort ist multilateral", so Lamy. Dabei stehe die EU auch in Kontakt mit Japan, China, Brasilien und Südkorea.
Für die EU-Kandidatenstaaten sieht Lamy keine besondere Gefahr aus den US-Zöllen erwachsen. Dafür habe die Kommission im Vorfeld der amerikanischen Entscheidung auch ein besonderes Lobbying betrieben. "Nach dem Profil, das die US-Maßnahmen haben, wird es den Beitrittsstaaten besser gehen als den EU-15", so Lamy. Auf die Restrukturierungsprogramme, mit denen die Kandidatenländer derzeit ihre Stahlindustrien auf den EU-Beitritt vorbereiten, habe der Beschluss der USA keinen Einfluss. Die amerikanischen Importzölle treffen hochwertigen Stahl insgesamt härter als einfachere Produkte.
Lamy widersprach noch einmal der Behauptung der US-Regierung, sie habe wegen einer Zunahme der Importe die neuen Zölle erheben müssen. Jedenfalls die Importe aus der EU seien seit 1998 immer gleich hoch geblieben, so der Kommissar - rund vier Millionen Tonnen pro Jahr.