Jerusalem - Mit dem Einrücken von Bodentruppen in die Autonomiestadt Tulkarem im Westjordanland rollte gestern Israels breitgefächerte Militärkampagne gegen die Palästinenser weiter, die nach Einschätzung von Experten mindestens zwei Wochen dauern soll. Premier Ariel Sharon kündigte bei einem Treffen mit Soldaten einen "aggressiven, kontinuierlichen Kampf" an. Am Zugang zur jüdischen Siedlung Ariel im Westjordanland sprengte sich am Donnerstag ein Palästinenser in die Luft und verletzte mindestens fünf Siedler. In der Nacht auf Donnerstag hatten Kampfhubschrauber wieder Raketen auf ein Gebäude beim Hauptquartier Yassir Arafats in Ramallah abgefeuert - gerade zu einem Zeitpunkt, da der Palästinenserchef EU-Nahostbotschafter Miguel Moratinos empfing. Eine Meldung, wonach Arafat eben mit Shimon Peres telefonierte, als die Raketen einschlugen, bezeichnete Israels Außenminister als "Legende". US-Kritik an Sharon Fast gleichzeitig haben die USA die seit langem deutlichste Kritik an Sharon hören lassen - Außenminister Colin Powell wiederholte, dass Arafat gegen den Terror "mehr tun muss", stellte aber die Frage, ob Sharons Politik "funktionieren wird": "Wenn man den Palästinensern einen Krieg erklärt und glaubt, man kann das Problem lösen, indem man sagt, wie viele Palästinenser getötet werden können, dann weiß ich nicht, ob das irgendwo hinführt." Sharons Kanzlei reagierte blitzartig mit der Erklärung, dass Israel sich in einem Krieg befinde, der ihm "aufgezwungen" wurde und dass es "den Palästinensern niemals den Krieg erklärt hat". (DER STANDARD, Printausgabe, 8.3.2002)