Wien - Die Demonstration am Wiener Messegelände war mit rund 50 Teilnehmern nicht besonders kämpferisch besetzt. Zum Glück waren 500 Postbetriebsräte aus ganz Österreich angereist, und so berieten in der Halle rund zehn-mal so viele Funktionäre, ob sie nun streiken sollen oder nicht. Da angesagte Revolutionen insbesondere in der Post praktisch nie stattfinden, verwandelte die Postgewerkschaft ihre Streikdrohung flugs in einen Waffenstillstand und nahm sogleich die Verhandlungen mit dem Management über die umstrittene Aufteilung der Post in fünf Geschäftssparten auf.Die Streikdrohung bleibt vorerst im Talon: Wenn es bis Mitte April zu keiner einvernehmlichen Lösung kommt, wird der am 22. Februar gefasste Streikbeschluss des Zentralausschusses wieder aktuell. Auch der Weg für einen gesichtswahrenden Rückzug ist geebnet, denn Postgewerkschaftschef Gerhard Fritz schätzt die Chancen auf eine Einigung mit dem Vorstand 50 zu 50 ein, so es ein "ehrliches" Verhandlungsklima gibt. Prozessorientierte Organisation Den vom Vorstand angestrengten Vergleich, auch die deutsche oder die holländische Post hätten sich in Sparten divisionalisiert, lässt Fritz nicht gelten. Aber: In der Schweiz funktioniere die Post sogar mit 4300 Postämtern und viel mehr Bediensteten als in Österreich. Statt der Spartentrennung plädieren die Betriebsräte für eine prozessorientierte Organisation, wofür sich auch ein Gutachten ausspreche. Dahinter steckt freilich die Angst vor Zerschlagung und Verkauf einzelner Sparten an die Konkurrenz. Der Postvorstand will bis 2004 rund 6000 Arbeitsplätze abbauen, die Gewerkschaft befürchtet das Doppelte, wenn die Divisionalisierung in Brief, Infomail (Werbesendungen), Kurier-Express-Paketdienst, Medienpost (Zeitungszustellung) und Filialnetz (Postämter) kommt. (red, DER STANDARD, Printausgabe 13.3.2002)