Wirtschaft
Grasser: Zusatzpension soll bis 20 Prozent mehr bringen
Generalkollektivvertrag für Beitragssumme - Grasser erwartet rund zehn Abfertigungskassen
Wien - Der Bezug der Abfertigung in Form einer Zusatzpension
soll dem Arbeitnehmer deutlich mehr Geld bringen. Das betonte
Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F) bei einer gemeinsamen
Pressekonferenz mit Wirtschaftminister Martin Bartenstein (V)
Mittwoch Vormittag. Konkret geht er davon aus, dass rund 15 bis 20
Prozent mehr an Geld herauskommen, wenn man sich für eine Pension und
gegen eine sofortige Auszahlung (plus anschließender
Eigenveranlagung) entscheidet. Verfassungsbedenken teilt Grasser
nicht. Schon jetzt habe der Staat die Möglichkeit, begründete
Ungleichbehandlungen einzuführen, verwies der Finanzminister u.a. auf
das Bausparen. Den Vorteil des Ansparens für eine zweite Pensionssäule versuchte
Grasser mit einem Beispiel zu untermauern. Ein Arbeitnehmer mit einem
Abfertigungsanspruch von 28.000 Euro käme demnach mit Zusatzpension
(und einer Netto-Rendite von fünf Prozent) nach 20 Jahren auf 45.627
Euro. Bei Eigenveranlagung wären es rund 7.000 Euro weniger, exakt
38.320 Euro. Der Unterschied läge also bei 19 Prozent. Nimmt man eine
vierprozentige Rendite her, käme man nach Angaben des Finanzministers
immer noch auf einen Vorteil in Höhe von 16,8 Prozent.
Höhe des Beitragssatzes mittels eines Generalkollektivvertrags geregelt
Wesentlichste Neuigkeit bei der Pressekonferenz war, dass die Höhe
des Beitragssatzes (1,53 Prozent der Bruttolohnsumme) nicht per
Gesetz, sondern mittels eines Generalkollektivvertrags geregelt wird.
Begründet wird dies von den Ministern damit, dass dadurch keine
Belastung für die Abgabenquote entstehe. Diese würde nämlich um etwa
0,5 Prozent weiter ansteigen.
Gesichert ist, dass es in Zukunft eigens zu gründende
Abfertigungs-Kassen, so genannte Mitarbeiterversorge-Kassen (MV-K),
geben wird. Grasser rechnet mit plus/minus zehn Lizenzierungen. Dass
man sich letztlich für eigene Kassen entschieden hat, begründete der
Finanzminister u.a. damit, dass bei einer anderen Variante wohl rund
100 Finanzdienstleister zum Einsatz gekommen wären. Dies wiederum
hätte eine große Menge an Umstellungsvorgängen zur Folge gehabt,
damit deutlich mehr Bürokratie und eine Gefährdung der Rendite.
Kassen unterliegen Finanzmarktaufsichtsbehörde
Die Kassen unterliegen der Aufsicht durch die
Finanzmarktaufsichtsbehörde. Das Mindestkapital wird mit 1,5 Mill.
Euro festgeschrieben. Im Aufsichtsrat müssen mindestens vier
Kapitalvertreter und zwei Arbeitnehmer-Vertreter sitzen. Für die ihr
zufließenden Beiträge hat die Kasse eine 100-prozentige
Kapitalgarantie zu gewähren, die durch eine Rücklage zu decken ist.
Darüber hinaus können freiwillige Zinsgarantien bei Bildung
entsprechender Rücklagen gegeben werden. Dem Arbeitnehmer ist
jährlich eine schriftliche Information über die Höhe seiner
Anwartschaft zu übermitteln. Überdies müssen die Kassen jeweils mit
einer Versicherung einen Kooperationsvertrag abschließen, die bei
Vorliegen des Leistunganfalls jeweils ein entsprechendes Anbot
unterbreitet.
Von Grasser erwartet wird, dass nach zehn Jahren das Finanzvolumen
der Einlagen 4 Mrd. Euro erreicht. Angesichts des maximalen
Aktien-Anteils von 40 Prozent sollten somit 1,5 Mrd. Euro in solche
Titel investiert sein, was Grasser und Bartenstein eine Stärkung des
österreichischen Kapitalmarkts erhoffen lässt. Bezüglich der Zahl der
Arbeitnehmer nimmt die Regierung an, dass zehn Jahre nach
Inkrafttreten der Reform etwa 2 Millionen Menschen im neuen System
vertreten sind.
Bartenstein: Karenzzeit zählt nicht für Abfertigungsansprüche
Verteidigt wurde von Bartenstein, dass die Karenzzeit nicht für
Abfertigungsansprüche zählt. Im Gegensatz zu anderen Ersatzzeiten wie
Präsenz- und Zivildienst gebe es hier keine Verpflichtung für den
Gesetzgeber. Außerdem wären die Anwartschaften in der Karenz ohnehin
nicht allzu hoch. Dass die Arbeitgeber nun für das Aufkommen während
der Ersatzzeiten sorgen müssen, ist für den Wirtschaftsminister
verkraftbar. So werden für Präsenz- und Zivildienst 1,5 Millionen
Euro und für Wochen- und Krankengeld acht Millionen Euro veranschlagt
- für Bartenstein "nicht sehr viel".
Grasser erteilte überdies dem Wunsch von
Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl, die Möglichkeit zur
gewinnmindernden Rückstellung von Abfertigungsansprüchen bei 50
Prozent beizubehalten, eine Absage. Die Reduktion auf zunächst 47,5
und dann 45 Prozent sei zur Gegenfinanzierung notwendig. Auch damit
mache der Bund "ein schlechtes Geschäft", blieben doch durch das neue
Modell noch immer ein Einnahmenausfall von rund 50 Mill. Euro.
In einem anderen Punkt kommt die Regierung dagegen der Wirtschaft
entgegen. Zur Etablierung von Abfertigungsansprüchen für
Selbstständige merkte Bartenstein an, dass eine entsprechende
Regelung in Planung sei. Einbezogen werden sollten dabei generell
Unternehmer, Bauern und öffentliche Bedienstete. Unterstützung in
dieser Frage erhofft sich Bartenstein bei den Sozialpartnern.(APA)