Abu Dhabi - Klare Worte zur Situation im Nahen Osten und zum
Verhältnis USA-Irak hat der Präsident der Vereinigten Arabischen
Emirate, Scheich Zayed Bin Sultan Al Nahayyan am Sonntag, im
Gespräch mit Bundespräsident Thomas Klestil in Abu Dhabi gefunden.
Bagdad sollte angesichts drohender US-Angriffe der Aufforderung des
UNO-Sicherheitsrates nachkommen, Inspektoren im Irak zuzulassen. Im
Palästinenser-Konflikt, wo Israel "Massaker" verübe, müsse die Welt
alles daransetzen, eine Lösung auszuverhandeln. Zayed hatte
Samstagabend US-Vizepräsident Dick Cheney zu Gast, am Wochenende
konferiert er ferner mit dem irakischen Vizepräsidenten Izzat
Ibrahim. Scheich Zayed, der am Wochenende zu einer Drehscheibe für die
Lösungen in den nahöstlichen Konflikten wurde, forderte im Gespräch
mit Klestil die USA auf, Geduld zu haben und keine unmittelbare
Militäraktion zu setzen. Leider sei "bekannt, dass Saddam Hussein
kaum auf Ratschläge hört", sagte der VAE-Präsident. Die USA müssten
Geduld haben und vor allem "Erbarmen und Mitleid mit dem irakischen
Volk zeigen", das unter den UNO-Sanktionen leide.
Vermittlungsbemühungen
Zum Nahost-Konflikt sagte Scheich Zayed, die internationale
Gemeinschaft müsse sich bei den Vermittlungsbemühungen engagieren.
"Wir können dieser Situation nicht länger zusehen." Israel setze
hochtechnologische Waffen gegen ein "unbewaffnetes Volk" ein. "Das
ist ein Massaker." Scheich Zayed unterstrich die Unterstützung der VAE für die
internationale Allianz gegen den Terrorismus. Die Emirate hatten zu
den wenigen Staaten gehört, die bis knapp vor der US-Militäraktion
diplomatische Kontakte zum Taliban-Regime in Afghanistan unterhalten
hatten. Eingangs hatte der VAE-Präsident zu Klestil gesagt, die
islamische Religion respektiere die anderen Religionen. Menschen wie
Osama Bin Laden und Mullah Mohammad Omar "sind keine echten Moslems,
sie haben nichts mit der Botschaft des Islam zu tun".
Österreich und VAE vertiefen Wirtschaftskooperation
Die Vertiefung der bilateralen Wirtschaftskooperation zwischen Österreich und den Vereinigten
Klestil. Klestil spracj auf Grund der guten Exportdaten des Vorjahres von
einer ausgezeichneten Perspektive. Wirtschaftskammerpräsident
Christoph Leitl erklärte, nun gehe es darum, die hohen
Sympathiewerte, die Österreich in den VAE genießt, in
Wirtschaftsaufträge umzusetzen. Sonntag Nachmittag traf Klestil im
benachbarten Emirat Dubai ebenfalls mit den Spitzen der Wirtschaft
zusammen.
Der Handelskammerpräsident von Abu Dhabi, Saed Saif Bin Jaber Al
Suweidi, betonte, um den Herausforderungen der Globalisierung
begegnen zu können, müssen die Handelsbarrieren eliminiert werden.
WKÖ-Präsident Leitl, der auch Präsident der Europäischen
Handelskammer (Eurochambres) ist, bekundete das Interesse am
Abschluss eines Abkommens zwischen Eurochambres und der Handelskammer
der VAE. Im Hinblick auf die von den Staaten des
Golfkooperationsrates (GCC) angestrebte Zollunion sei dies von
besonderem Interesse. Auch Klestil sprach sich für eine engere
Kooperation zwischen EU und GCC aus. Er erinnerte daran, dass das
EU-Mitglied Österreich auch Sitz der OPEC ist.
Sowohl Dubai als auch Abu Dhabi investieren in den Ausbau ihrer
Flughäfen, in Hotelanlagen und Konferenzzentren (für den Gipfel von
IWF und Weltbank 2003 bzw. den GCC-Gipfel 2004). In Dubai werden zwei
künstliche Inseln ("Palm Island") mit Villen, Hotels und
Einkaufszentren gebaut, ferner soll eine "Festival City" errichtet
werden. Klestil und die Delegation besichtigten zum Abschluss ihres
Aufenthalts in Dubai die Projekte des Emirats "Palm Island" und
"Internet City".
US-Militäraktion wäre Gefahr für ganze Region
Nach den Gesprächen hat Bundespräsident Thomas die Auffassung vertreten, dass eine US-Militäraktion der USA gegen den
Irak eine Gefahr für die gesamte Region bedeuten würde.
Nationalratspräsident Heinz Fischer (S), der ebenso wie
Verteidigungsminister Herbert Scheibner (F) Klestil auf seiner Reise
in die Golfregion begleitete, teilte in einem Gespräch mit
österreichischen Journalisten am Sonntag diese Meinung. Scheibner
sprach von einer "großen Beunruhigung" in den VAE über die Lage im
Nahen Osten und von einer "letzten Warnung an den Irak" vor einer
möglichen amerikanischen Militäraktion.
Klestil sagte, nach seinen politischen Gespräche habe er den
Eindruck gewonnen, dass "unsere arabischen Freunde den Irak gewarnt
haben, er möge die Inspektion der Waffenlager zulassen".
US-Vizepräsident Dick Cheney bereist gegenwärtig arabische Staaten,
er hatte Samstag Abend mit dem VAE-Präsidenten, Scheich Zayed Bin
Sultan Al Nahayyan, konferiert.
Leitl: Zollunion als "Eingangstor"
Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl resümierte, die bis
2003 geplante Zollunion der Staaten des Golfkooperationsrates (GCC)
könnte für das EU-Mitglied Österreich "ein Eingangstor zu einer
nachhaltigen Zusammenarbeit mit diesem Raum werden". Zwar waren die
österreichischen Exporte in die Emirate im Vorjahr enorm angestiegen,
dennoch machten sie unter den Importen der VAE nur 0,3 Prozent aus.
Eine Erhöhung auf drei Prozent wäre wünschenswert in Anbetracht der
großen Sympathien für Österreich in der Region.
Klestil freute sich über "die besondere Herzlichkeit" des
Empfangs. "Die Namen Kreisky und Waldheim hört man immer wieder", so
der Bundespräsident. Letzter Programmpunkt des Staatsbesuchs war in
Dubai ein Treffen mit Kronprinz Scheich Mohammad Bin Rashid Al
Maktoum, der zugleich Verteidigungsminister der VAE ist. Der Rückflug
des Bundespräsidenten war für Sonntag Abend geplant. (APA)