Wien - Mit diesem Schritt erfolgt eine Anpassung an die Normen internationaler Finanzparketts. Teilweise sind diese Bestimmungen verordnet, teilweise werden sie freiwillig auferlegt. Nachdem bereits internationale Bilanzierungsstandards (IAS und US-GAAP) in die wichtigsten Börsesegmente eingezogen sind und der Prime Market an der Wiener Börse seinen Mitgliedern schon striktere Auflagen für eine möglichst transparente Kommunikation mit den Aktionären verordnet hat, müssen die Emittenten jetzt beweisen, dass sie und ihre Mitarbeiter keine Insidergeschäfte tätigen: Mit 1. April tritt dazu die "Emittenten Compliance Verordnung" der Bundeswertpapieraufsicht (BWA) in Kraft. Demnach müssen große Unternehmen einen "Compliance Officer" haben, bei dem Vertraulichkeitsbereiche definiert sind und der sämtliche Personen, die über sensible Daten verfügen - auch Rechtsanwälte oder Drucker des Geschäftsberichtes -, kontrolliert. Compliance-Richtlinien Jedes Unternehmen im amtlichen Handel und im geregelten Freiverkehr muss jetzt nachvollziehbare Compliance-Richtlinien veröffentlichen. Damit soll verhindert werden, dass Mitarbeiter, die über spezifische Informationen - etwa Geschäftsverlauf, geplante Übernahmen oder Verkäufe - verfügen, diese ausnutzen und Aktien kaufen oder verkaufen. "Wir sind derzeit alle gut eingedeckt", sagt Randolf Fochler, Investor-Relations-Verantwortlicher beim Edelstahlkonzern Böhler-Uddeholm, zu den gegenwärtig stattfindenden internen Strukturänderungen. Die Krone will sich der heimische Kapitalmarkt allerdings erst im kommenden Herbst aufsetzen. Dann soll ein Corporate-Governance-Code auch Teil der Wiener Börse sein. Ein Entwurf unter Federführung der ÖVFA (Österreichische Vereinigung der Finanzanalysten) liegt bereits abgestimmt mit Börse, Kontrollbank, Uni-Experten und dem Kapitalmarktbeauftragten Richard Schenz vor. Corporate Governance Corporate Governance regelt breit, wie Unternehmen mit Aktionären und Anteilseignern umzugehen haben, und räumt diesen umfassende Informationsrechte ein. Das Zusammenspiel von Vorstand und Aufsichtsrat in allen Pflichten und Verantwortlichkeiten wird damit ebenso definiert wie die Datenflüsse im Unternehmen und aus diesem heraus. Österreich ist - herb kritisiert - das einzige OECD-Mitglied, das solche Standards noch nicht zusammengefasst hat. Friedrich Mostböck, Analysechef der Erste Bank und einer der Väter des Entwurfes, zitiert Studien, wonach Investoren für nachgewiesene Corporate Governance Prämien auf den Aktienkurs von bis zu 20 Prozent zahlen. Der weltgrößte Pensionsfonds Calpers investiert gar nur in Firmen, die einen solchen Code implementiert haben. Corporate Governance beruht aber auf Freiwilligkeit. "Der Gedanke dabei ist, dass die Börse irgendwann einmal Unternehmen ohne Corporate Governance vom Kurszettel verstößt", erklärt Alfred Wagenhofer, mitarbeitender Professor an der Uni Graz. (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe 18.3.2002)