Klagenfurt - Nicht erst seit Jörg Haiders Zeiten als Landeshauptmann war die Kärntner Kulturszene ein verlässlicher Pulsmesser, der Beschleunigungen und Verzögerungen im Kreislauf der Macht genau registrierte und veröffentlichte. Selten war das Verhältnis zwischen lokalen Potentaten und den Künstlern friktionsfrei, doch nie stellte einer der sozialdemokratischen Landeshauptleute oder auch VP-Landeshauptmann Christof Zernatto ihre Existenberechtigung und ihre diskursiven Beiträge infrage.Mittlerweile macht sich zunehmend Resignation breit. Die meisten Kulturschaffenden sind stumm geworden, wollen oder können sich nicht äußern, um nicht die letzten Überlebensgrundlagen zu verlieren. Nicht wenige haben sich arrangiert. Gefördert wird das Mittelmaß, haiderkritische Initiativen, wie etwa das Universitätskulturzentrum Unikum, werden mit Förderstopp sanktioniert. Stadttheaterintendant Dietmar Pflegerl: "Es gibt eine eindeutige Verschiebung zur Eventkultur. Vorher war das anders: Da war die Kultur ein Event." Kulturreferent Haider sei ausschließlich auf diesen Events zu finden. Im Stadttheater tauche er, außer zu Beginn seiner Amtszeit, so gut wie überhaupt nicht mehr auf. Außer auf der Seebühne, deren Umsetzung er ja als seine wichtigste kulturelle Errungenschaft für Kärnten feiert. Pflegerl sieht darin eine "gefährliche Entwicklung", denn "wenn sich Politiker von der Hochkultur abwenden, beginnen sie auch die Gelder dafür wegzudenken". Zur generellen Situation der Kultur in Haiders Kärnten sagt Pflegerl: "Die vormals sehr lebendige Szene in Kärnten ist ausgedünnt. Viele mir lieb gewordene Initiativen in der freien Szene gibt es heute nicht mehr, etwa das Musiktheater Arbos oder das Tanztheater Ikarus. Ich spüre eine große Mutlosigkeit." Für die Künstler gibt es auch keinen Ansprechpartner seitens des Landes mehr. Fast weinen manche den Zeiten nach, als sie mit Klagenfurts ehemaligem Kulturstadtrat Siegbert Metelko nicht nur einen kenntnisreichen Förderer und Sammler, sondern auch einen konsequenten, wenn auch von Eigeninteressen nicht immer freien Fürsprecher besaßen. Doch Metelko hat sich zurückgezogen, und was sich seither in der Kulturpolitik tummelt, ist nicht sehr professionell. So blieb nach dem Abgang des designierten Kulturamtsleiters Walter Maria Stojan die Kulturabteilung des Landes zwei Jahre lang verwaist. Jetzt gibt man erneut eine Besetzungsgroteske und eine "maßgeschneiderte" Objektivierung à la Haider. Die Bestellung seiner Favoritin, Erika Napetschnig, scheiterte, weil sie von SPÖ und ÖVP deswegen abgelehnt wurde. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.3.2002)