Deutschland
Kölner Spendenskandal: Der Schatzmeister redet
Schlüsselfigur Biciste erhebt schwere Vorwürfe gegen Kölner SPD-Mitglieder - Parteiklage gegen Rüther
Köln/Düsseldorf - Der frühere Schatzmeister der Kölner
SPD, Manfred Biciste, hat in seiner Vernehmung bei der Kölner
Staatsanwaltschaft am Montag schwere Vorwürfe gegen Kölner
SPD-Mitglieder erhoben. Entsprechende Informationen des ZDF-Magazins
"Frontal 21" bestätigte Bicistes Kölner Anwalt Reinhard Birkenstock
am Dienstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP. Demnach sagte
Biciste aus, dass er fast alle der 42 Empfänger von fingierten
Spendenquittungen darüber informiert habe, dass die Zuwendungen aus
anonymen Quellen stammten. Laut "Frontal 21" sollen zudem einige SPD-Politiker eine ganze
Reihe von Quittungen erhalten haben. Ein hochrangiger Kölner
SPD-Mitarbeiter habe darüber hinaus ein Darlehen aus einer schwarzen
Kasse der Kölner SPD bekommen. Biciste war am Montag von der Kölner
Staatsanwaltschaft vernommen worden. Er soll an der illegalen
Verbuchung von verdeckten Parteispenden durch die Ausstellung
fingierter Spendenquittungen beteiligt gewesen sein.
Die Staatsanwaltschaft will die Vernehmnung von Biciste am
Mittwoch fortsetzen. Birkenstock hatte nach der Vernehmung am Montag
die Bereitschaft seines Mandanten angedeutet, der SPD die Namen der
42 Empfänger von falschen Spendenbelegen zu nennen. Als mögliche
Vertrauensperson für eine solche Aussage von Biciste gilt der
Vorsitzende der SPD-Untersuchungskommission, Ex-Justizminister Jürgen
Schmude.
Unterdessen teilte die nordrhein-westfälische SPD in Düsseldorf
mit, bis zum Fristablauf am Montag seien 96 schriftliche Erklärungen
von örtlichen Funktionsträgern der Kölner SPD zum Spendenskandal
eingegangen. Die Partei hatte insgesamt 109 Mitglieder angeschrieben
und zur Abgabe so genannter Ehrenerklärungen aufgefordert. Nach
Angaben einer Sprecherin der NRW-SPD will die Schmude-Kommission dem
SPD-Landesvorstand am Freitag über die Ergebnisse der Auswertung
berichten.
Partei-Klage gegen Rüther
Im Skandal der Kölner Sozialdemokraten um
verdeckte Parteispenden hat die Bundes-SPD am Dienstag Klage gegen
das Ex-Parteimitglied Norbert Rüther eingereicht. Sie will den früher
einflussreichen Lokalpolitiker zur Aufdeckung der Geldflüsse zwingen.
Nach Angaben der SPD-Bundesschatzmeisterei wurde die Klage beim
Landgericht Köln eingereicht. Gleiches sei noch am Dienstag im Fall
des früheren Kölner Schatzmeisters Manfred Biciste geplant.
Die beiden Ex-Politiker sollen mindestens 424.000 Euro geheim
angenommen und in Kleinbeträge gestückelt haben. Das Geld wurde
mittels fingierter Quittungen als Spenden von SPD-Mitgliedern getarnt
und in den Finanzkreislauf der Kölner SPD eingespeist. Nach
unbestätigten Berichten flossen die Gelder im Zusammenhang mit dem
Bau einer Kölner Müllverbrennungsanlage Anfang der 90er Jahre. Die
Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Korruption. Zwei Ex- Manager
beteiligter Unternehmen sitzen in Untersuchungshaft. (APA/Reuters)