Der Versuch von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer, die verfahrene Diskussion über ein "Haus der Geschichte" oder ein "Haus der Toleranz" in eine positive Umsetzung zu führen, kann vorerst als gescheitert betrachtet werden. Heute, Dienstag, gibt sie im Ministerrat zwar den Startschuss für die Errichtung eines "Hauses der Zeitgeschichte", sorgt damit aber für neuen Ärger. Die Wahl der vierköpfigen Projektgruppe, welche die Konzeption des Museums vorantreiben soll, ist - vorsichtig ausgedrückt - wenig geschickt ausgefallen. Der Verdacht, hier war politische Gewogenheit mehr gefragt als wissenschaftliche Bandbreite, liegt auf der Hand. Es ist eine Kommission ihres Vertrauens, oder besser: Die Kommission genießt das Vertrauen der beiden Regierungsparteien. Der Historiker Stefan Karner kann besonders gut mit Bundeskanzler Wolfgang Schüssel. Auch Militärhistoriker Manfried Rauchensteiner, Leiter der Kommission, gilt als VP-nahe.

Der ehemaligen Dritte Nationalratspräsident und Jurist Willi Brauneder garantiert den Freiheitlichen die Aufarbeitung, die sie meinen. Und um die Stadt Wien an Bord zu haben, ist auch Exstadtschulratspräsident Kurt Scholz eingeladen - wenigstens ein "Roter". Wer allerdings fehlt, sind jene Professionisten, die sich normalerweise der "jüngeren und jüngsten Geschichte" widmen, wie es im Auftrag formuliert ist. Österreichs Zeithistoriker sind daher zu Recht aufgebracht und kritisieren in einer Protestnote an Schüssel die Auswahl der Mitglieder.

Dabei wäre eine Lösung einfach: Die Gruppe könnte um zumindest eine Person erweitert werden, die von den Zeithistorikern nominiert wird. Dann hätte Gehrer ihre Ruhe, und der Streit könnte anderswo toben: an den Instituten für Zeitgeschichte. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 19.3.2002)