International
Kritik in Großbritannien an verstärktem Engagement in Afghanistan
Labour-Abgeordneter kritisiert Versämnisse des Verteidigungsminister: "Keine klare Rückzugsstrategie"
London - In Großbritannien regt sich Kritik an dem von
der Regierung angekündigten verstärkten Engagement in Afghanistan.
Der Labour-Politiker Peter Kilfoyle äußerte am Dienstag die
Befürchtung, dass Großbritannien ungewollt in ein "von den USA
geleitetes Militärabenteuer" hineingezogen werden könnte. Dabei diene
der Vietnam-Krieg als "warnendes Beispiel." Verteidigungsminister
Geoff Hoon habe es versäumt, für die Briten in Afghanistan eine
"klare Rückzugstrategie" vorzulegen. Kritik kam auch von der kleinen Liberaldemokratischen Partei. Nach
Ansicht ihres außenpolitischen Sprechers Menzies Campbell sind
Kommandostrukturen und Rückzugstrategie völlig unklar. "Wir schicken
unsere Soldaten in eine sehr, sehr unübersichtliche Situation", sagte
er.
Größtes militärisches Militärkontingent seit dem Golfkrieg
Im Kampf gegen den Terrorismus will Großbritannien zur
Unterstützung der USA das größte Militärkontingent seit dem Golfkrieg
nach Afghanistan verlegen. Verteidigungsministers Hoon sagte am
Dienstag, es sei noch nicht abzusehen, wie lange die 1700
Elitesoldaten der "Royal Marines" in Afghanistan bleiben würden. Die
ersten, auf Kriegsschiffen in der Region stationierten Briten
bereiteten sich am Dienstag bereits auf den Einsatz vor. Sie sollen
sich in Afghanistan unter US-Kommando in einer gemeinsamen Brigade
mit 5300 Amerikanern in den unwegsamen Bergregionen des Landes auf
das Aufspüren von El-Kaida- und Taliban-Kämpfern konzentrieren.
Dauer des geplanten Einsatzes nicht vorhersehbar
Hoon machte am Dienstag deutlich, dass der zunächst für drei
Monate geplante Einsatz auch länger dauern könnte. Die Dauer des
Einsatzes sei von der Entwicklung vor Ort abhängig. "Das Ende ist
insofern offen, als dass wir einen Job zu erledigen haben", sagte
Hoon der BBC. Er hatte am Montag im Unterhaus überraschend die
Truppenentsendung angekündigt, die auf "Anfrage der USA" erfolgt sei.
Hoon machte deutlich, dass die Briten im Kampf gegen einen
"gefährlichen Feind auf schwierigem Terrain" mit Opfern rechnen
müssten. Der größte Kampfeinsatz seit dem Golfkrieg sei von ihm
"nicht leichtherzig" beschlossen worden. Das gesamte britische
Kontingent soll bis Mitte April zum "Offensiveinsatz" bereit stehen.
London will sich bis Mitte April von der ISAF-Führung zurückziehen
Großbritannien führt gegenwärtig die 4500 Mann starke
Internationale Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) an, die für die
Sicherheit von Kabul und Umgebung zuständig ist und keinen
Kampfauftrag hat. London will sich aber bis Mitte April aus dem
Kommando zurückziehen. Die Verhandlungen mit der Türkei über eine
Übernahme der ISAF-Führung dauern an. In London wurde aber damit
gerechnet, dass nach der zusätzlichen Truppenentsendung auch die
Stationierung der 2000 britischen ISAF-Mitglieder in Afghanistan
verlängert wird.(APA/dpa)