Er wurde wegen "Spionage" verhaftet, verhört und freigelassen. Danach trat Serbiens Vizepremier mit der Begründung zurück, dass er als "Patriot der Regierung und den Reformen in Serbien nicht im Weg stehen" wolle. Er werde auf seine Immunität verzichten, seine Unschuld beweisen und das Komplott aufklären. Er denke jedoch nicht daran, den Kampf für Demokratie in Serbien aufzugeben.

Momcilo Perisic galt schon auf der Militärakademie als extrem eigensinnig und zu selbstständig denkend für die strenge Hierarchie einer Armee. Er absolvierte eine Wirtschaftsschule und ein Psychologiestudium, zeigte übertriebenen Ehrgeiz, den seine Vorgesetzten nur ungern duldeten. Wäre der Krieg im ehemaligen Jugoslawien nicht ausgebrochen, hätte der bockige Perisic seine Laufbahn wahrscheinlich als Kommandeur einer abgelegenen Artillerieschule beendet.

Kriegszeiten forderten jedoch Helden und einen draufgängerischen Offiziersschlag. Oberst Perisic bestätigte sich auf dem Schlachtfeld in Kroatien und Bosnien und schaffte es rasch zum Generaloberst. In Kroatien wurde er wegen Kriegsverbrechen in Abwesenheit zu zwanzig Jahren Haft verurteilt. 1993 beförderte ihn der damalige Herr über Serbien, Slobodan Milosevic, zum Generalstabschef. Eine Entscheidung, die er Jahre später zutiefst bereuen sollte.

Der Raketenfachmann zeigte dem Widerspruch nicht gewohnten Milosevic die Zähne: "Ich stehe an der Spitze einer Volksarmee und nicht einer Parteiarmee", sagte Perisic. Er verhinderte eine Intervention der jugoslawischen Armee in Montenegro, ließ nicht zu, dass das Heer auf der Seite von Milosevic in den politischen Machtkampf verwickelt wurde, erklärte laut, dass Jugoslawien in einer eventuellen Auseinandersetzung "mit der Nato und der ganzen Welt" zum Untergang verurteilt wäre. Das war Milosevic zu viel: 1998 feuerte er den unter den Soldaten hoch angesehenen Generalstabschef.

Der 58-jährige Perisic verlor keine Zeit. Er gründete die "Bewegung für ein demokratisches Serbien" und schloss sich der Demokratischen Opposition Serbiens an. Während des Volksaufstandes am 5. Oktober 2000 konnte Perisic große Truppenteile überreden, nicht für Milosevic einzugreifen.

Als er in Serbien nach der demokratischen Revolution sogar zum Vizepremier aufstieg, wurde er neben Premier Zoran Djindjic zu der von Milosevic-Anhängern meistgehassten Person im Land.

Doch im Gegensatz zu Djindjic ist der ehemalige Generalstabschef als Insider des vergangenen Regimes ein weitaus gefährlicherer Zeitzeuge. In Belgrad wird spekuliert, dass Perisic der CIA belastendes Beweismaterial gegen Milosevic aushändigen wollte. Und nicht nur gegen den Expräsidenten. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 21.3.2002)