Wien - Die Österreicher konsumieren zwar zunehmend mehr Musik, sie kaufen den Plattenfirmen aber weniger CDs ab: Im Vorjahr gingen 20,5 Millionen neue Original-Silberscheiben über den Ladentisch, um drei Millionen (12,7 Prozent) weniger als ein Jahr zuvor. Aber es wurden 15 Millionen Leer-CDs bespielt, nach neun Millionen im Jahr 2000. Von den 15 Millionen am Heim-PC "gebrannten" CDs wurde ein Drittel mit MP3-Dateien aus dem Internet beheizt. Der Rest: Kopien von Originalen oder anderen Kopien. Das ergaben Berechnungen der Ifpi, dem Verband der österreichischen Musikwirtschaft, aufgrund einer Umfrage von Fessel+GfK. Auch die Krise der Handelskette Libro, die im zweiten Quartal des Vorjahres de facto einen Verkaufsstopp in ihren Läden verkraften musste, trug zum Minus bei. Die Bosse der österreichischen Plattenfirmen sind aber vor allem wegen der Konkurrenz im Internet alarmiert. Denn, so eine Aussage in der GfK-Studie: 35 Prozent der Schwarzbrenner geben an, sich nunmehr weniger Original-CDs zu kaufen. "Geistiger Diebstahl" "Der Grund ist eindeutig: Weil sie sich die Musik gratis im Internet downloaden", so Manfred Lappe, Chef von Warner Music Österreich. Erich Krapfenbacher, EMI-Österreich-Geschäftsführer: "Die Liste der Top-Downloads liest sich wie die Liste der Top-Seller." Für die Musikindustrie gehe es ums Ganze: "Da wird ein System in die Luft gesprengt, da können wir noch so viel neue Kreativität entdecken", sagt Bogdan Roscic, ehemals Chef es Radiosenders Ö3 und jetzt Boss von Universal Music Österreich, "illegales Klonen von Musik, Diebstahl von geistigem Eigentum darf nicht zu einem geduldeten Mainstream-Phänomen gemacht werden." Die Versuche der Industrie, der wuchernden Konkurrenz von Napster, Morpheus, MusicCity, Kazaa und Co. zu trotzen, gingen bisher in drei Stoßrichtungen: Musterklagen in den USA (derzeit laufe die dritte Welle, berichtet Ifpi-Austria-Geschäftsführer Franz Medwenitsch); eigene Internetplattformen (Desinteresse der User); Kopierschutz (wird irgendwann geknackt und verärgert Kunden, die für den Eigengebrauch brennen). "No business, no show" Roscic, selbstkritisch: "Vielleicht ist die derzeitige Situation auch eine Chance für die Industrie: Weniger Marketing, wieder mehr Suche nach Kreativität. Aber jede Selbstfindung ändert nichts an der Härte des zuvor geschilderten Problems. No business, no show." (szem, DER STANDARD, Printausgabe 22.3.2002)