Als "Poesie-Alben" waren sie schon vor über hundert Jahren bei jungen Frauen verbreitet: Damals oft noch als "moralische Unterstützung" von Eltern und Verwandten gedacht, die der Jugend Lebensweisheiten mit auf den Weg geben wollten, wandelten sie sich später zum lustigen Zeitvertreib von (Volks-)Schülerinnen. Und je besser die Freundschaft, desto schöner war die Seite dann meist gestaltet.

dieStandard hat in Stammbüchern von heute und anno dazumal geblättert und einige der kuriosesten, poetischsten oder das Bild der Frau von damals prägenden Sprüche zusammengetragen. Unsere LeserInnen sind herzlich eingeladen, die Reihe durch Postings zu ergänzen!

I.Lechner

"Wenn Dich die bösen Buben locken,
dann bleib zuhaus und stopf die Socken!"

"Wenn Dich mal ein Bub will küssen,
stell Dich nicht so schüchtern an!
Mutti brauchts ja nicht zu wissen -
hat's ja früher selbst getan!

I.Lechner

Nur Tugend und Geistesbildung
behaupten das Ansehn der Frau -
vor ihr beugt der Mann seine Knie.
(Zur Erinnerung an einen Mitschüler, 27.5.1935)

Sammlg. Frauennachlässe

Das Glück ist eine leichte Dirne,
es bleibt nicht gern an einem Ort.
Sie streicht das Haar Dir aus der Stirne,
küsst Dich im Fluge und ist fort.

Frau Unglück hat im Gegenteile
Dich liebesfest ans Herz gedrückt,
Sie sagt, sie habe keine Eile,
setzt sich zu Dir ans Bett und strickt.
(Heinrich Heine)

I.Lechner

Treib nie ein Spiel mit einem treuen Herzen,
das frei sich Dir und rückhaltlos ergibt.
Es kommt die Zeit, wo Du mit Sehnsuchtsschmerzen
nach einer Seele lechzest, die Dich liebt.

Oh, dann wünschest Du zurück mit heißen Tränen,
was Du im Übermut verschmäht!
Doch Deiner Klage wird als Echo klingen
das hoffnungslose Donnerwort:
Zu spät!

Sammlg. Frauennachlässe

Es gibt im Leben Stunden,
da zieht man sich zurück,
vor dem Gewühl der Menge,
vor jedes Menschen Glück.
Man setzt sich hin und träumet,
denkt der Vergangenheit
manch froh verbrachte Stunde,
denkt seiner Jugendzeit.

Hervor nimmt man sein Album,
das längst vergessen blieb,
durchblättert seine Reihen,
liest, was ein jeder schrieb.
Da schwebt dem trüben Auge
manch teurer Name vor,
manch, der schon längst vergessen,
der tritt ans Licht hervor.
Und in dem Auge fühlt man
eine Träne stehn,
man weinet leis und denket:
Die Zeit, sie war doch schön!

Sammlg. Frauennachlässe

Ob reiches Glück Dir zugemessen,
ob kummervoll Dein Schicksal ist:
Die Mutter darfst Du nie vergessen,
damit Du Dich nicht selbst vergißt.

Treu sollst im Herzen Du sie halten,
wie Dir es auch im Leben geht.
Sie lehrte Dich die Hände falten,
und sprach Dir vor Deine erst Gebet!

Sammlung Frauennachlässe

Willst Du von meinen Rosen?
Ich habe ja so viel.
Weiß nicht, wohin sie verstreuen
in Lust und Wind und Spiel.

Sie spriessten mir zu Füßen
und unter den Händen so dicht.
Sie blühen auf meinen Lippen,
ach Liebste - siehst Du sie nicht?

Willst Du von meinen Rosen?
Oh komm, meine Süße Du!
Dir geb ich die allerschönsten -
und auch mein Herz dazu.

Sammlg. Frauennachlässe

Klug war der Mann,
der sich das erste Stammbuch machte
und darin seiner Freunde dachte.
Denn wenn sie - wie's im Leben oft geschieht- verschwinden,
so lassen sie sich im Stammbuch doch immer wieder finden.

Sammlg. Frauennachlässe

Wenn die Flüsse aufwärts fließen,
und die Hasen Jäger schießen,
und die Mäuse Katzen fressen,
dann erst will ich Dich vergessen!

I. Lechner

"In den Dornen bleibt man hängen -
Mädchen, hüte Dich vor Schmerz!
Bleibt Dein Kleidchen leicht gefangen,
leichter noch Dein junges Herz.
Riss im Kleid ist zu verschmerzen -
Garn und Nadel näht es zu.
Doch ein Riss im jungen Herzen
zahlt es mit der Lebensruh.

I.Lechner

"Sei tugendhaft! Dies bringt Dir Ehr,
dies macht Dir wahre Freude.
Sei sittsam! Dies ziert Dich mehr
als Spitzen, Gold und Seide."

"Dein wahres Glück, oh Menschenkind,
oh glaube es mitnichten
daß es erfüllte Wünsche sind -
es sind erfüllte Pflichten!

Sammlg. Frauennachlässe

"Wandle stets auf Rosen
durch die grüne Au,
bis einer kommt in Hosen
und Dich nimmt zur Frau."

I.Lechner