Bern – Die Schweizer Banken waren im Zweiten Weltkrieg die Drehscheibe der finanziellen Operationen des "Dritten Reiches". Sie ermöglichten dem deutschen Naziregime die Devisenbeschaffung und partizipierten an der Finanzierung von Einfuhren für die Kriegsanstrengungen Hitlers. Seit dem Beginn des Krieges hätten Deutschland wie auch die Schweizer Banken begriffen, dass es ihren reziproken Interessen diente, die Geschäftsbeziehungen zu schützen, lautet einer der Schlüsse der Studie "Der schweizerische Finanzplatz und die Schweizer Banken in der Zeit des Nationalsozialismus. "

Die schwach ausgeübte Kontrolle durch die Regierung und die Schweizerische Nationalbank (SNB) erklärt zu einem guten Teil die Geschäfte mit Nazi-Deutschland, motiviert vor allem durch die Suche nach Gewinnen. In einigen Fällen gewährten die Banken den deutschen Großunternehmen, wie zum Beispiel IG Farben, neue Kredite, in der Hoffnung, diese als Kunden für die Nachkriegszeit zu behalten. Manchmal verschleierten sie Transaktionen, um zu vermeiden, dass die Alliierten Kenntnis davon erhielten. Die Deutsche Reichsbank brauchte Unterstützung von außen, um die wirtschaftliche Blockade der Alliierten zu umgehen und um die Zirkulation der Devisen mit dem Ausland sicher zu stellen. Die führenden Schweizer Banken ermöglichten der Reichsbank, diese Ziele zu erreichen.

Raubgold in der Schweiz gekauft

Deutschland konnte sich ausländische Devisen verschaffen, indem es in der Schweiz Raubgold verkaufte. Der Reichsbank gelang es, sich in der Schweiz 1,9 Mrd. Fr. zu verschaffen, indem sie Edelmetalle verkaufte und Clearing-Geschäfte tätigte. Die Schweizer Banken fungierten während des Krieges auch als Finanzintermediäre. Sie trugen dazu bei, die Lieferungen von Rohstoffen oder lebenswichtigen Gütern wie Kakao oder Sardinen zu finanzieren, welche aus Ländern wie Portugal, der Türkei oder Spanien kamen.

Die Großbanken verdienten viel Geld, indem sie die Schweizer Lieferungen von Kriegsmaterial an das "Dritte Reich" finanzierten. Die Waffenverkäufe hatten einen erheblichen Anteil am Geschäftsvolumen und brachten wichtige Kommissionen. Die Banken gewährten auch den Schweizer Rüstungsunternehmen Kautionen, in einigen Fällen auch der deutschen Armee. Mehrere Führungspersonen von Banken waren, so der Bergier-Bericht, von einem "latenten Antijudaismus" geprägt, der in einigen Fällen zum Antisemitismus wurde. In einigen Banken – unter anderem in der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) und im Schweizerischen Bankverein (SBV) – hegte man starke Vorbehalte, mit jüdischen Financiers zusammenzuarbeiten. Die Schweizerische Bankgesellschaft (SBG) hatte ein NSDAP-Mitglied eingestellt, das ihre Interessen in Deutschland vertrat.

Kein Zweifel am Wissen

Laut dem Bericht der Bergier-Kommission besteht kein Zweifel darin, dass die Schweizerische Nationalbank von der Praxis der Goldbeschaffung der deutschen Reichsbank gewusst hatte. Die Rechtfertigungsargumente bezeichnen die Experten als nicht stichhaltig. Bei der "Gutgläubigkeit" der SNB handelt es sich um ein nachträglich eingeführtes Konstrukt, um die Beschaffung von Raubgold zu rechtferigen, heißt es im Bericht. Die Schweiz wickelte annähernd vier Fünftel der Goldverkäufe der deutschen Reichsbank ab. Den Wert der Lieferungen aus Deutschland an die Nationalbank beziffern die Experten mit 1,6 bis 1,7 Milliarden Franken. Gold für 1,2 Milliarden Franken habe die SNB auf eigene Rechnung erworben. Auch die Behauptung, die Goldübernahme von der deutschen Reichsbank hätte dazu beigetragen, Deutschland vor einer Invasion der Schweiz abzuhalten, kann der historischen Analyse der Experten nicht standhalten.

Im August 1942 gelangten laut dem Bericht zudem rund 120 Kilogramm Opfergold im Wert von etwa 600.000 Franken nach Bern. Dabei handelte es sich um Gold, das das Nazi-Regime ermordeten Opfern geraubt hatte. Es gebe jedoch keine Hinweise, dass die Entscheidungsträger der SNB von der Herkunft dieses Goldes gewusst hätten. Trotz Warnungen der Alliierten habe sich die SNB zusammen mit Schweizer Banken und Versicherungen bis in den letzten Monaten des Kriegs erfolgreich für die Übernahme von Gold aus Nazi-Deutschland eingesetzt.

Die Rolle der Versicherungen

Die Schweizer Versicherungen haben in der Zeit des Nationalsozialismus moralisch-ethische Aspekte bei ihren Geschäften mit Nazi-Deutschland weitgehend ausgeblendet. Ähnlich den Banken blieb ihr Verhalten streng wirtschaftlicher Logik verhaftet. Die Schweizer Versicherungen verfügten in Deutschland zwar nur über einen relativ kleinen Marktanteil. Dennoch waren die Prämieneinnahmen für sie von großer Bedeutung. Für die Lebensversicherer war Deutschland gar der wichtigste Auslandsmarkt. Die Gesellschaften seien darauf bedacht gewesen, ihre profitablen Geschäfte auch unter den Bedingungen der NS-Diktatur wenigstens im gleichen Umfang betreiben zu können. Auch seien sie nicht abgeneigt gewesen, kriegsbedingte Geschäftschancen zu nutzen. (APA/sda)