Rom/München – Die italienische Medienholding Mediaset hat ihr angebliches Interesse für den deutschen Bezahlsender der KirchGruppe Premiere bestritten. In einer am Mittwoch veröffentlichten Presseaussendung dementierte die TV-Gesellschaft unter Kontrolle des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi einen Bericht der Tageszeitung "Financial Times Deutschland", wonach Mediaset an einem Rettungsplan für Premiere arbeite. "Mediaset bestreitet jegliche Verwicklung in einen Plan, der Premiere betrifft", liest man in der Pressemitteilung, in der hervorgehoben wird, dass die Mailänder Gesellschaft keine direkte Beteiligungen an dem deutschen Pay TV hält. Mediaset hält insgesamt eine fünfprozentige Beteiligung an der KirchGruppe.

Die Zukunft des hoch defizitären Kirch-Abosenders "Premiere" in Deutschland blieb am Dienstag weiter ungewiss. Einen Tag nach dem Insolvenzantrag von KirchMedia hatte ein Sprecher gesagt, dass es keinen Insolvenzantrag geben geben werde, "definitiv nicht". Es liefen derzeit Gespräche mit allen Gesellschaftern. An Spekulationen über die weitere Entwicklung beteilige sich der Sender nicht. Ein KirchMedia-Sprecher bestätigte, dass die Unternehmensberatung Roland Berger mit der Sanierung der zahlungsunfähigen KirchMedia GmbH beauftragt wurde.

Polit-Streit

In Deutschland ist unterdessen ein veritabler Polit-Streit im Gefolge der Kirch-Pleite entstanden. Forderungen nach Staatshaftungen wurden laut. Der Freistaat Bayern wird nach den Worten von Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) keine öffentlichen Mittel im Rahmen des Insolvenzverfahrens der KirchMedia einsetzen. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte am Montag angekündigt, die Bundesregierung sei bereit, einen Beitrag zu leisten, wenn der Insolvenzverwalter von KirchMedia eine Bundeshilfe zur Rettung von Arbeitsplätzen für nützlich halten sollte. Die Kirch-Gruppe hat rund 10.000 Beschäftigte.

Was wird aus Premiere?

Offen war am Dienstag, wie es mit Premiere weiter geht: Der neue Geschäftsführer von KirchMedia, Wolfgang van Betteray, hatte am Montagnachmittag erklärt, KirchPayTV werde "in wenigen Minuten" Insolvenz anmelden. Ob dieser Schritt auch bei weiteren Töchter des Kirch-Konzerns oder bei der Dachgesellschaft TaurusHolding nötig werde, sei weiter offen. Er sagte auch, der australische Medientycoon Rupert Murdoch und der italienische Ministerpräsident und Medienunternehmer Silvio Berlusconi seien als Investoren "mitnichten aus dem Rennen".

WAZ-Einstieg kolportiert

Am Dienstagnachmittag wurde aus Finanzkreisen bekannt, dass die deutsche WAZ-Gruppe Gespräche über einen Einstieg bei der insolventen KirchMedia verhandle. "WAZ-Mitgesellschafter Günther Grotkamp ist in die Verhandlungen eingeschaltet", hieß es in einer Reuters-Meldung. Ein Sprecher der WAZ-Gruppe gab dazu keine Stellungnahme ab. Auch wenn die Gläubigerbanken zunächst auf inländische Investoren zugehen, wird es im Ergebnis wohl eine gemischte Lösung geben, bei der neben deutschen Medienkonzernen auch internationale Investoren Know-How und Eigenkapital bereit stellen. HypoVereinsbank-Sprecher Albrecht Schmidt warnte davor, sich ausschließlich auf eine "deutsche Lösung" zu konzentrieren.

In Bankenkreisen hieß es, Verhandlungen seien mit einem der Wunschpartner – dem Axel Springer Verlag – geführt worden. Dabei habe der Verlag grundsätzliches Interesse an einer strategischen Position in der neuen KirchMedia signalisiert. Eine Springer-Sprecherin kommentierte dies nicht. Dabei dürfte dem Verlag eine Verkaufsoption in Höhe von 767 Mill. Euro für seinen 11,5-prozentigen Anteil an der ProSiebenSat.1 wohl kaum nutzen. Da die Option nicht besichert sei, gehöre sie zur normalen Insolvenzmasse, heißt es jetzt. Den Tausch einer wertlosen Forderung in eine werthaltige Beteiligung (der künftigen KirchMedia) kenne das deutsche Insolvenzrecht nicht, hatte er gesagt. (APA/Reuters/dpa)