Seoul - Südkoreas Präsident Kim Dae-jung hat überraschend die Entsendung seines engsten außenpolitischen Beraters nach Nordkorea angekündigt. Der frühere Minister für die staatliche Einheit und Architekt der so genannten "Sonnenscheinpolitik", Lim Dong-won, soll in der ersten Aprilwoche Gespräche in Pjöngjang führen. "Wir erwarten, dass sein Besuch in Pjöngjang eine Gelegenheit ist, um die gegenwärtige Blockade in den Beziehungen zwischen dem Süden und dem Norden zu durchbrechen", erklärte das "Blaue Haus", der Präsidentenpalast in Seoul, am Montag.

Die politischen Spannungen auf der koreanischen Halbinsel haben nach Drohungen und scharfen verbalen Auseinandersetzungen in den vergangenen Tagen zwischen den USA und Nordkorea deutlich zugenommen. Die Bush-Regierung hatte angekündigt, dass sie Nordkoreas Verpflichtungen im Hinblick auf das "Vereinbarte Rahmenabkommen" von 1994 in diesem Jahr als nicht erfüllt ansieht. Pjöngjang drohte im Gegenzug, das Abkommen aufzukündigen. Es sieht den Bau zweier Atomkraftwerke zur Stromerzeugung durch ein Konsortium westlicher Staaten vor, Nordkorea verpflichtete sich im Gegenzug, seine Forschungen an einem Raketenprogramm einzustellen und Inspektionen zu erlauben. Pjöngjang reagierte scharf auf seine Einstufung durch die Bush-Regierung als Teil einer weltweiten "Achse des Bösen". Bei den nun angekündigten Gesprächen mit dem südkoreanischen Emissär Lim Dong-won würde die "schwerwiegende Situation" auf der Halbinsel erörtert, gab Nordkorea am Montag bekannt.

Entspannung vor WM

Nordkorea hatte die bilateralen Friedensverhandlungen mit dem Süden vergangenen November abgebrochen. Die beiden Nachbarländer waren durch den Koreakrieg von 1950 bis 1953 getrennt worden. Sie befinden sich de facto noch immer im Kriegszustand. Nicht zuletzt wegen der anstehenden Fußball-WM in Südkorea und Japan ist Seoul um eine schnelle Entspannung bemüht. (Reuters, red)