Seoul - Nach einem Nein der südkoreanischen Regierung zu Gesprächen hat der zweitgrößte Gewerkschaftsverband des Landes am Dienstag gedroht, sich dem Streik im Energiesektor des Landes anzuschließen. "Die Führung des Koreanischen Gewerkschaftsverbands (KCTU) hat beschlossen, sich am 2. April dem Energiestreik anzuschließen, wenn die Regierung bis dahin keine Gespräche mit der Energiegewerkschaft aufnimmt", teilte ein Sprecher des Verbandes mit. Wie viele der 600.000 Verbandsmitglieder und welche Bereiche sich daran beteiligen werden, werde am 1. April bekannt gegeben. Mitglieder des Verbandes arbeiten in allen wichtigen Industriezweigen des Landes, unter anderem in den Branchen Automobil und Chemie sowie im öffentlichen Sektor. Auch zahlreiche Mitarbeiter des Autokonzerns Hyundai Motor Co und des weltgrößten Schiffsbauers Hyundai Heavy Industries gehören dazu. Die Regierung hatte zuvor Gespräche mit der Energiegewerkschaft abgelehnt, solange diese die von ihr geplante Privatisierung des staatlichen Energiekonzerns KEPCO nicht akzeptiert. Die Privatisierung staatlicher Unternehmen ist ein Kernstück der Politik der südkoreanischen Regierung unter Präsident Kim Dae Jung. "Obwohl sie (die Gewerkschaft) diesmal nicht über die Privatisierung reden wollen, werden sie diesen Punkt sicherlich später wieder ins Gespräch bringen", sagte ein Regierungssprecher. "Dann sind wir wieder am Anfang. Das darf nicht geschehen." Soldaten werden für Arbeit im Energiekonzern angelernt KEPCO wird seit fünf Wochen von 3.000 Mitarbeitern bestreikt. Am Montag hatte die Gewerkschaft Gespräche angeboten, bei denen die Privatisierung ausgeklammert werden sollte. Der Streik ließe sich so möglicherweise beenden, sagte ein Gewerkschaftsvertreter. Die Gewerkschaft wolle über die Sanktionen reden, mit denen KEPCO die streikenden Mitarbeiter unter Druck setze. KEPCO hat angekündigt, die Streik-Teilnehmer zu entlassen und Ersatz-Mitarbeiter anzuheuern. Die Regierung hatte am Montag eigenen Angaben zufolge damit begonnen, 400 Soldaten für die Arbeit bei KEPCO anzulernen. Zudem seien 500 neue Arbeiter angeworben worden, hieß es in einer Erklärung. Die Gewerkschaften haben die Regierung davor gewarnt, ihr Gesprächsangebot zurückzuweisen. Dann sei es "sehr wahrscheinlich, dass es zu hässlichen Vorfällen komme", drohte der Gewerkschaftsvertreter. Bereits am Sonntag hatte es in der Hauptstadt Seoul gewaltsame Auseinandersetzungen gegeben, bei denen nach Polizeiangaben 300 Streikende festgenommen wurden.(APA/Reuters)