Beckstein: Milli Görüs will mit islamischer Partei Einfluss gewinnen
Einbürgerungskampagne gestartet?
Redaktion
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München - Die islamische fundamentalistische
Organisation Milli Görüs ("Nationale Weitsicht") will nach
Erkenntnissen des deutschen Verfassungsschutzes über die Gründung
einer religiösen Partei politischen Einfluss in Deutschland gewinnen.
Die in Köln ansässige Führung von Milli Görüs habe eine
Einbürgerungskampagne unter den deutschlandweit etwa 27 000 Anhängern
gestartet, sagte Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) in
einem dpa-Gespräch. "Außerdem werden die Leute aufgerufen, ihre
Partner in der Türkei zu suchen und nach Deutschland zu holen."
Gewaltbereit sei Milli Görüs nach derzeitigem Stand nicht, sagte
Beckstein. "Es handelt sich um eine fundamentalistische, aber bisher
friedliche Organisation." Laut Verfassungsschutz strebt Milli Görüs
einen religiösen Staat an. Die Mutter-Organisation - die frühere
Wohlfahrtspartei (RP) von Ex-Premier Necmettin Erbakan - ist in der
Türkei verboten. (Erbakan hatte Anfang der fünfziger Jahre in
Deutschland studiert und als Diplomingenieur für das
Maschinenbauunternehmen "Deutz" gearbeitet). "Die türkische Regierung
versucht immer wieder, beim Bund auf ein Verbot in Deutschland
hinzuwirken", sagte Beckstein. Die Vorstellungen von Milli Görüs
seien nicht vereinbar mit der Wertordnung des Grundgesetzes. "Wenn
wir wissen, dass jemand ein Funktionär bei Milli Görüs ist, wird er
nicht eingebürgert." Auch kleine Organisationen wie Milli Görüs
könnten einen ganz erheblichen politischen Einfluss entfalten. Es
gebe keine Zahlen, wie viele Milli-Görüs-Mitglieder bundesweit
bereits eingebürgert seien.
Beckstein sieht jedoch auch bei Milli Görüs eine erhebliche
Spannweite von Fundamentalisten und Gemäßigten: "Der Islam ist nicht
so organisatorisch verfestigt wie etwa katholische oder evangelische
Kirche. In den Moscheen sind ganz unterschiedliche Richtungen aktiv."
Milli Görüs sei in der Kinder- und Jugendarbeit sehr aktiv, die
Aktivitäten reichten vom Koran-Unterricht bis zu Billard. Das sei
zwar besser, als wenn die Jugendlichen auf der Straße herumlungerten.
"Ich halte das aber für einen Ausdruck des Integrationsproblems. Ich
hätte es lieber, wenn die Jugendlichen in deutschen Gruppen und
Vereinen mitmachten und sich dort integrierten, zumal Milli Görüs
diese Jugendlichen auch zur einseitigen politischen und religiösen
Unterweisung nutzt", sagte Beckstein. (APA/dpa)
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