Medien
Die Wehrmacht im Spiegel der österreichischen Presse
Neuerscheinung über die Legende von der "sauberen Wehrmacht"
Mit der medialen Darstellung der Wehrmacht
beschäftigt sich der Sprachwissenschafter Alexander Pollak in seinem
neuen Buch "Die Wehrmachtslegende in Österreich - Das Bild der
Wehrmacht im Spiegel der österreichischen Presse nach 1945". Er geht
dabei der Frage nach, wie die Medien durch ihre Berichterstattung zur
Konstruktion und Weitergabe des "Mythos von der sauberen Wehrmacht"
beigetragen haben. Pollak untersuchte dafür rund 1.900
österreichische Zeitungsartikel, die zwischen 1945 und 1999
erschienen. Resümee:
Der eigentliche Bruch kam erst mit der ersten
Wehrmachtausstellung im Jahr 1995. Die überarbeitete Ausstellung
kommt am 9. April nach Wien.
In der unmittelbaren Nachkriegszeit gab es in den Zeitungen noch
"keine Legende von der 'sauberen Wehrmacht'", schreibt Pollak.
Allerdings entwickelte sich bereits die "meist undifferenzierte
kollektive Unschuldserklärung gegenüber den österreichischen - und
nur den österreichischen! - Wehrmachtsoldaten." Die Phase zwischen
1948 und 1955 war laut Pollak bereits gekennzeichnet durch die
"weitgehend undifferenzierte Verfechtung der Opferthese". Es ist auch
der Zeitraum, "in dem sich mit den Heimkehrer- und
Stalingraderzählungen Diskursstränge herausbildeten, die als
wesentliche Bestandteile der Legende von der 'sauberen Wehrmacht'
gewertet werden können."
"Dominierende Stellung" der Stalingraderzählungen
In den 50er- und 60er-Jahren hätten die Stalingraderzählungen dann
eine "dominante Stellung in der medialen Erinnerung an den Zweiten
Weltkrieg" eingenommen. Es entstand ein Wehrmachtsbild, "das die
Soldaten nur in einer Rolle sah: als missbrauchte Opfer des Krieges".
Das habe sich auch in der "Hitlerisierung" der Diskussion gezeigt.
Das heißt, die Schuld und Verantwortung wurde auf die Person Hitler
konzentriert und abgewälzt. "Die Involvierung der Wehrmacht in
Erschießungsaktionen fand keine Erwähnung", so Pollak. Trotz erster
Ansätze von Vergangenheitsbewältigung habe eine Debatte über die
Verbrechen der Wehrmacht weiterhin nicht stattgefunden.
1985 - das "Wendejahr"
Erst das Jahr 1985 ist für Pollak ein "Wendejahr". Erstmals sei es
in Teilen der Medien, "allen voran dem 'Kurier'", zu einer kritischen
Auseinandersetzung gekommen. Die "Frischenschlager-Reder-Affäre" habe
den Weg für die "große" vergangenheitspolitische Debatte gelegt, die
schließlich 1986 mit der Waldheim-Affäre ganz entbrannte. Dennoch
seien Wehrmachtsverbrechen "weiterhin ein weitgehend tabuisierender
Bereich" gewesen.
Die Mehrheit der MedienkonsumentInnen sei aber - auch durch die
"Kronen Zeitung"- bis in die 90er-Jahre mit dem Bild der "sauberen
Wehrmacht" konfrontiert worden. Einen Wandel in der öffentlichen
Wahrnehmung habe erst die Wehrmachtsausstellung 1995 gebracht. (APA)