Wien - "Wir wollen nicht mit Politikern beginnen, sondern Licht in die Sache bringen." Wäre auf den Unterlagen nicht gestanden, dass es um die Aufklärung seltsamer Vorgänge im Wiener Magistrat ging, hätte man glauben können, Grün-Klubobmann Christoph Chorherr wolle eine prinzipielle Diskussion über das Funktionieren von Politik vom Zaun brechen. Doch, erklärte Chorherr am Mittwoch, auch ihm gehe es bei der heute, Donnerstag, erstmals zusammentretenden Untersuchungskommission zur Aufklärung rechtswidriger Flächenwidmungen durch einen - mittlerweile pensionierten - Beamten der MA 21B, nicht bloß um die Aufklärung seltsamer Fälle: "Wir wollen transparent machen, wie Flächenwidmung wirklich funktioniert. Welcher Druck da kommt, wenn ein Acker durch eine Unterschrift plötzlich zig Millionen mehr wert ist." Nicht bloß aufzeigen, wo wer wann und unter wessen Schutz - oder zumindest "angestrengtem Wegschauen", so Chorherr - Gesetze gebrochen habe, sei angesagt, sondern auch Mechanismen und Seilschaften offen zu legen, die dazu führen, dass etwa "trotz einer Grünraumverordnung Grünraum vor Kindergärten dann doch immer wieder zugebaut werden kann." Schließlich, verwies der Grün-Politiker auf eine Erklärung des Bürgermeisters vom Dienstag, gebe es die Zusage Michael Häupls (SP), alle als Zeugen vorgeladenen Beamten und Politiker von der Amtsverschwiegenheit zu entbinden. Die ersten Listen Bei der ersten Sitzung der Untersuchungskommission werden die Parteien heute ihre ersten Zeugenlisten vorlegen. Die Grünen wollen neben dem pensionierten Widmer zwei weitere Planungsbeamte hören. Beide haben lange, bevor der Skandal ruchbar wurde, versucht, Politiker zum Handeln zu bewegen. Die FPÖ, erklärt FP-Planungssprecher Herbert Madejski, will auch die beiden Geschäftsführer der "immer wieder auftauchenden" gemeinnützigen Wonbaugenossenschaft "Wien Süd" laden, sowie den neuen Chef der MA 21B und den Leiter der MA 21A anhören. Man habe auch "drei neue Fälle", die ebenfalls unter spekulations- oder freunderlwirtschaftsnaher Flächenwidmung fielen. Seitens der SPÖ erklärte deren Klubchef Christian Oxonitsch, werde man auch Grün-Gemeinderat Günther Kenesei als Zeugen nennen: Kenesei hat die Affäre ins Rollen gebracht und solle "seine Vorwürfe präzisieren." Die ÖVP will Ex-Planungsstadtrat Bernhard Görg (VP) als Zeugen hören. Ansonsten wollen die Parteien Stadt-oder Gemeinderäte erst laden, wenn die Fakten geklärt sind. Eines, kündigte Oxonitsch an, werde die SPÖ "derzeit mit Sicherheit" nicht tun: Ihre Mehrheit in der Untersuchungskommission dazu verwenden, bestimmte Zeugen abzulehnen, "obwohl das theoretisch möglich ist." (rott/DER STANDARD, printausgabe 04.04.2002)