Madrid - Die Eskalation im Nahen Osten ist am Freitag Gegenstand zahlreicher Kommentare europäischer Zeitungen. Die linksliberale spanische Tageszeitung "El Pais" : "Mit der Belagerung des palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat versperrt der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon alle Wege des Friedens. Aber er bricht auch das Sicherheitsversprechen, das er seinen Bürgern machte: Der palästinensische Selbstmord-Terrorismus ist nicht ausgelöscht, sondern er vermehrt sich. Der Verbleib von Außenminister Shimon Peres in Sharons Regierung macht zudem jede politische Alternative unmöglich. Die palästinensische Autonomiebehörde ist weit davon entfernt, ein demokratisches System zu sein. Aber Israel verspielt mit dem totalen Krieg, begleitet von einer Informationssperre, diesbezüglich jede Glaubwürdigkeit. Dass Medien und internationalen Beobachtern der Zugang zu den palästinensischen Städten verwehrt wird, ist inakzeptabel, und die schlimmsten Befürchtungen werden dadurch genährt, dass es keine Augenzeugen gibt." Die konservative britische Tageszeitung "The Times": "Die Nachrichten werden täglich düsterer. Der Konflikt ist mehr als ein tödliches Duell. Terrorismus und massive Vergeltung sind dabei, die gesellschaftlichen Strukturen Israels und der Palästinenser zu zerstören. Arabische Staaten, von Straßenunruhen bedroht, verwerfen Friedenspläne und sprechen von Krieg. Die weitere islamische Welt ist radikalisiert, die Sprache wird täglich militanter. Die Selbstmordattentäter und Synagogen-Brandstifter sind schon auf dem Weg in westliche Hauptstädte. Aber es gibt einen Weg zurück - denn die Alternative wäre zu schrecklich. Die USA müssen den Weg vorgeben und die alten Männer des Nahen Ostens müssen folgen." Die französische Wirtschaftszeitung "Les Echos": "Was ist die Strategie des israelischen Ministerpräsidenten? Es scheint, als wolle er endgültig Arafat beseitigen. Und dann? Es ist klar, dass Arafat, wenn er neutralisiert oder ins Exil geschickt wird, durch einen Hardliner ersetzt würde. Alles deutet darauf hin, dass Sharon keine andere als die militärische Strategie hat. Und es scheint, als ob er einen Schritt tut, ohne den nächsten zu kennen. Aber es sind nicht die Waffen, die dieser Region Frieden bringen werden, sondern allein politische Verhandlungen." Die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera": "Man muss anerkennen, dass die Terroristen, die im Nahen Osten derzeit ihr eigenes Leben opfern, etwa von einem Jan Palach des Prager Frühlings absolut zu unterscheiden sind. Sie sind nicht der Auswuchs einer individuellen Verzweiflung, sondern das Opfer eines strategischen Programms des Terrorismus, das eine Kultur ausnutzt, für die das menschliche Leben keinen Wert und keine Heiligkeit besitzt. Schließlich gilt es anzuerkennen, dass Arafat, obwohl er nicht der Chef des Terrorismus ist, über die Mittel verfügt, um den endlosen Alltag des Todes zu beenden, der wiederum in der Lage ist, jede westliche Demokratie in die Knie zu zwingen." (APA/dpa)