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Es waren einmal zwei hübsche, blonde Mädchen, die träumten davon, als Modedesignerinnen berühmt zu werden. Sie besuchten gleichzeitig, aber in getrennten Klassen das berühmte Central St. Martin's College of Art and Design in London, jene berühmte Kaderschmiede für den Kreativ-Nachwuchs, die der Modewelt bereits unter anderem John Galliano und Alexander McQueen beschert hat - und ihr Stella McCartney und Phoebe Philo schenken sollte.

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Phoebe wer? Ihren Namen kannte auch zu Schulzeiten niemand. Ganz im Gegensatz zu jenem von Stella. Sie war als Beatle Pauls "little girl" auch "everybody's darling". Sie war reich und berühmt, auch wenn sie stets bemüht war, diesen Umstand herunterzuspielen. Sie war talentiert, obwohl jeder glaubte, dass sie das Mode-College nur als Zeitvertreib ansah. Man riss sich darum, von ihr auf Parties eingeladen zu werden, schließlich war sie mit Madonna, Kate Moss und Naomi Campbell befreundet.

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Trotzdem hatte sie nicht vor, ein Party-Leben zu führen. "Nichts-Tun war nie eine Möglichkeit, die für mich in Betracht kam. So bin ich auch nicht erzogen worden. Bei uns zuhause hatten alle einen Job, und jeder verdiente sein eigenes Geld." Umso nachdrücklicher wollte Stella McCartney zum Abschluss von St. Martin's mit einer kleinen, aber feinen Kollektion in Erinnerung bleiben. Dazu brauchte sie Hilfe, ein Lehrer empfahl ihr Phoebe Philo, die ein Semester unter ihr studierte. Stella fragte sie, und Phoebe zögerte nicht lang. Sie arbeitete hart für Stella, und wenn es erforderlich war, stand sie auch mitten in der Nacht auf, um Knöpfe anzunähen. Stella sollte ihr dies nie vergessen.

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Für Phoebe war das selbstverständlich. Sie entstammte der Arbeiterklasse, war in einem Vorort von London aufgewachsen. Sie war glücklich, am St. Martin's College studieren zu können, hatte aber immer das Gefühl, nicht "avantgardistisch" genug zu sein. "Ich wollte eigentlich nur ein paar Hosen entwerfen, in denen mein Hintern gut aussah.

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Mit den Hosen wollte ich aber nicht das Weltgeschehen interpretieren oder etwas Ähnliches . . ." Als sie die Schule verließ, meldete sich acht Monate später Stella McCartney bei ihr. Sie fragte, ob sie mit ihr nach Paris gehen wollte. Phoebe Philo sagte begeistert zu.

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Was war geschehen? Stella hatte zwei kleine Kollektionen entworfen, als ihr 1997 die Nachfolge von Karl Lagerfeld als Designerin der Chloe-Kollektion in Paris angeboten wurde. Sie wusste, dass sie dies nur dem Umstand zu verdanken hatte, dass sie Paul McCartneys Tochter war. Man wollte den Publicity-Rummel. Sie aber witterte die Chance, endlich zeigen zu können, was in ihr steckte.

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Sie war 25 Jahre alt, liebte London, sprach kein Wort Französisch und wusste, dass sie ihre Mutter vermissen würde. "Sie war immer meine Inspiration. Nicht mit dem, was sie trug, sondern als die Frau, die sie war. Als spirituelle Kraft gewissermaßen." Also wollte sie jemanden bei sich haben, dem sie vertrauen konnte. Deshalb hatte sie Phoebe Philo gefragt.

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In Paris angekommen und von Karl Lagerfeld als "gute T-Shirt-Designerin" gelobt und geschmäht, begann Stella McCartney zu entwerfen, was sie und ihre Freundinnen gerne anziehen wollten: Jeans, die lange Beine und sexy Kurven machten, seidige Kleider aus fließenden Stoffen mit Flohmarkt-Touch und kleine, ultrafeminine Tops mit Lingerie-Flair, die sie zu messerscharf geschnittenen, maskulinen Anzügen kombinierte.

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"Ich habe es immer geliebt, zu perfekt gearbeiteten, fast couturigen Jacken total abgewrackte Jeans zu tragen", sagte sie, die Stil-Brüche als normal empfand und goldene Sandaletten zu grauen Jogginghosen trug. Stella sollte den Umsatz des Hauses Chloé um ein Mehrfaches steigern.

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Trotzdem war sie in Paris nicht glücklich. Wie sie dem britischen Modejournalisten und Buchautor Colin McDowell gestand, empfand sie die Atmosphäre in der "Stadt der Intrigen" als so erdrückend, dass sie fürchtete, ihre schöpferische Begabung zu verlieren. Man begann, über eine Trennung von Chloé zu spekulieren. Dreimal bat man sie zu Givenchy zum Gespräch und bot ihr die Nachfolge Alexander McQueens an.

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Als Tom Ford, mit dem sie befreundet ist, begann, die Mode für Yves Saint Laurent zu entwerfen, fragte er sie, ob sie seinen Job bei Gucci machen wolle. Alle Angebote scheiterten daran, dass Stella McCartney, die überzeugte Vegetarierin ist, sich weigerte, Mode aus Leder und Pelz zu entwerfen. Als ihr daraufhin Tom Ford eine gleichberechtigte Partnerschaft mit Gucci vorschlug, um eine Kollektion unter ihrem eigenen Namen aufzubauen, willigte Stella erleichtert ein und kündigte ihren Job bei Chloé.

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Phoebe Philo, ihre rechte Hand und gute Freundin, sollte selbstverständlich mitkommen und mit ihr zurück nach London gehen. Da bot ihr Ralph Toledano, Präsident von Chloé, Stellas Nachfolge an - und Phoebe schlug zu. Immerhin sei es für sie kein Problem, mit Leder zu arbeiten, Accessoires und Schuhe zu entwerfen.

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Toledano revanchierte sich mit einem Presse-Communiqué im April 2001, in dem er Phoebe Philo als "idealen Creative Director" begrüßte und sie als "perfekte Verkörperung des Chloé-Images" pries. Phoebe selbst dankte Stella McCartney dafür, dass sie ihr in den Jahren der Zusammenarbeit gestattet hätte, "einen solch großen Impact auf das Image von Chloé auszuüben". Prompt flüsterte man hinter den Kulissen der Branche, dass wahrscheinlich Phoebe Philo das Talent hinter Stella gewesen wäre.

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Mit Spannung wurden die Debüt-Kollektionen der beiden Designerinnen im Oktober des Vorjahrs erwartet, die Entwürfe für diesen Sommer also. Phoebes Piratenhosen zu spitzenverzierten Volantblusen mit gebauschten Ärmeln wurden hochgelobt, Stellas pailettenfunkelnde Disco-Outfits hingegen als schriller Missklang empfunden - vor allem im Schatten der Ereignisse des 11. September. Das konnte auch Papa Pauls Hymne "Give peace a chance" beim Finale nicht gutmachen.

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Doch als im März in Paris die Kollektionen für den kommenden Herbst und Winter gezeigt wurden, wurden auch die Karten neu gemischt. Plötzlich galten Chloés romantische Samtuniformen als langweilig, die Streifenblusen gar als allzu kommerziell. McCartneys eiförmige Seidenblousons hingegen, mit Highheels zu schmalen Jogginghosen unter wehenden, zipfeligen Chiffonröcken getragen, wurden begeistert beklatscht.

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Als vor kurzem ein Journalist Stella McCartney fragte, ob über der Konkurrenz im Beruf eigentlich die Freundschaft zerbrochen sei, antwortete sie diplomatisch: "Nun, ich neige nicht dazu, mich in der Vergangenheit zu verlieren. Mir geht's gut, ich mache mein Ding. Jedem das Seine, das Beste für jeden - machen wir uns also an die Arbeit!

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