Wien - Die zuletzt aufgrund kräftiger Erholungstendenzen in den USA vielfach geäußerte Vermutung, dass die für die zweite Jahreshälfte erwartete Konjunkturbelebung in Österreich früher eintreten könnte, dürfte sich nicht bestätigen. "Die Frühindikatoren zeigen alle nach oben, auch die Auftragseingänge in der Industrie steigen, doch wir dürfen nicht zu ungeduldig sein, es ist erst Anfang April", sagt Bernhard Felderer, Leiter des Institutes für Höhere Studien (IHS). Weder das IHS noch das Wirtschaftsforschungsinstitut werden ihre Wachstumsprognose für 2002, die Ende nächster Woche veröffentlicht wird, spürbar nach oben revidieren. Als Risikofaktor wird von Wifo-Experte Ewald Walterskirchen vor allem die weitere Ölpreisentwicklung gesehen. Düstere Stimmung im Gewerbe Auch in den einzelnen Wirtschaftssektoren sind mit Ausnahme des Tourismus derzeit noch die Pessimisten in der Mehrzahl, was sich auch in der tristen Situation auf dem Arbeitsmarkt widerspiegelt. Insbesondere die Sparte Gewerbe/Handwerk/ Dienstleistungen lässt mit einer pessimistischen Konjunktureinschätzung aufhorchen. Mit einer baldigen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation rechnen nur konsumnahe Gewerbebereiche, wo es teils im Sog der Tourismusentwicklung aufwärts geht. Die relativ beste Entwicklung erleben derzeit die Fleischer, die Umsatzeinbrüche aus der Zeit der BSE-Krise scheinen verdaut zu sein. Besonders schlecht geht es den investitionsgüternahen Gewerbebereichen und hier vor allem den Betrieben des Bau- und Baunebengewerbes aufgrund der Rückgänge im Wohnungsneubau und bei Sanierungen. Dies belegt auch die Insolvenzstatistik. Kunststoffverarbeiter, Dachdecker, Spengler, Zimmermeister aber auch Datenverarbeiter vermeldeten für das erste Quartal eine spürbare Verschlechterung der Auftragslage. Auch für das zweite Quartal seien die Erwartungen gedämpft. Positive Ausreißer "Der Konjunkturfrühling hat noch nicht begonnen. Erst im dritten Quartal wird eine spürbare Belebung stattfinden", sagte Georg Toifl, Bundesobmann des Gewerbes und Handwerks. Als positiver Ausreißer im investitionsgüternahen Bereich gelten Werbung und Marktkommunikation, die offenbar von der Euro-Einführung profitiert haben. Baugewerbe etwas optimistischer Etwas optimistischer als das Baugewerbe gibt sich die Bauindustrie, auch wenn sie heuer mit einer Stagnation rechnet. Im Tiefbau sei sogar ein leichtes Produktionsplus zu erwarten, was das Wiedererreichen des Niveaus von 1999 ermögliche, sagt Michael Steibl, Geschäftsführer des Verbandes industrieller Bauunternehmen Österreichs. Auf EU-Ebene das gleiche, gemischte Bild: Während die Industrieproduktion nach den neusten Daten vom Jänner um 3,6 Prozent nochmals deutlich schrumpfte (Österreich: minus 1,8 Prozent), stieg das Absatzvolumen im EU-Einzelhandel um 1,5 Prozent. (Michael Bachner, DER STANDARD, Printausgabe 5.4.2002)