Moskau/Prag - Das Lager des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat seine Macht weiter ausgebaut. Nach der Abwahl von sieben kommunistischen Ausschussvorsitzenden im Unterhaus, der Staatsduma, und dem folgenden Rücktritt der restlichen beiden Kommunisten an der Spitze von Ausschüssen wurde am Donnerstag auch die Demission des kommunistischen Parlamentspräsidenten Gennadi Selesnjow erwartet. KP-Chef Gennadi Sjuganow legte Selesnjow den Rücktritt mit den Worten nahe, er erwarte eine mannhafte Entscheidung. Eine Duma, die eine rechte Politik betreibe, könne nicht von einem Kommunisten geleitet werden.

Der Antrag auf Abwahl der kommunistischen Ausschussvorsitzenden war von der Kreml-Partei "Einheit" (Jedinstwo) eingebracht worden. Er wurde von der Fraktion der Partei "Vaterland - Ganz Russland" unterstützt. Aus dieser Fraktion kam auch ein Vorstoß für ein Verbot der KP, weil diese "soziale und nationale Zwietracht schürt".

"Einheit" und "Vaterland - Ganz Russland" haben sich im Dezember zum Block "Einheit und Vaterland" zusammengeschlossen. Gemeinsam verfügen sie in der Duma über 138 Sitze gegenüber den 113 der Kommunisten. Vorsitzender von "Einheit und Vaterland" ist der frühere "Einheit"-Chef, Katastrophenschutzminister Sergej Schoigu, seine Stellvertreter sind der Moskauer Bürgermeister Juri Luschkow und Mintimer Schaimijew, der Präsident von Tatarstan. Ziel der neuen Partei ist laut Schoigu die Festigung der Gesellschaft "auf der Basis der konstruktiven Politik von Präsident Putin".

Die Partei "Einheit" war kurz vor den Duma-Wahlen vom Dezember 1999 von Kreml-Kreisen praktisch aus dem Nichts gegründet worden, um dem damaligen Premier und Präsidentschaftsanwärter Putin eine parlamentarische Basis zu schaffen.

Unterdessen hat der in Prag ansässige US-Sender Radio Liberty (RL) Proteste aus Moskau gegen geplante Sendungen auf Tschetschenisch zurückgewiesen. Der russische Regierungssprecher Alexej Wolin hatte am Dienstagabend gesagt, RL werde "tschetschenischen Rebellen Vorschub leisten". Der für den Tschetschenien-Feldzug zuständige Kreml-Sprecher Sergej Jastrschembski schloss gar Gegenmaßnahmen nicht aus. (DER STANDARD,Print-Ausgabe, 05.04.2002, dpa, AP, AFP, jk)