O heiliger Franz von Sales, du gütiger Schutzpatron der Presse, bitte, bitte, bitt für ihn, denn jetzt ist er völlig gaga. Vielleicht aber auch nur definitiv entrückt, weil von Visionen einer spirituellen Erotik überwältigt. Über den heiligen Leib der fleischlichen Liebe krabbeln die Ameisen des Zeitgeistes, psalmodierte "Krone"-Kolumnist Günther Nenning Mittwoch in seinem Nebenjob als Querschreiber der "Presse", wo er im Rahmen der von Gerhard Haderer - nein, korrekt - in den von Kardinal Christoph Schönborn initiierten Wochen der religiösen Hysterie die Frau aller Frauen verklärte zu Maria, eine sexuelle Figur. Das sollte sich einmal ein Karikaturist trauen.

Aber wer im selben Blatt publiziert wie seine Eminenz, hat Narrenfreiheit, und warum soll ein Nenning nicht definieren, Maria ist die alle niedrigen Wälder überragende Säule der Sinnlichkeit, wenn die hohe Geistlichkeit keine Bedenken hat, ihr Evangelium in Nachbarschaft der Frau von nebenan zu predigen, dieser täglich alle niedrigen Text-Wälder überragenden Säule der Sinnlichkeit, oder was Dichand halt darunter versteht. Dieser Förderer des Christentums ist endlich bei der Präsentation des Schamhaares samt einschlägiger Internetadresse zu weiterer Erbauung des Christenmenschen angelangt, ohne dass Kleriker die heiligsten Gefühle desselben verletzt sehen. Während sie angesichts eines Künstlers ein unsägliches Brimborium entfalten, scheint es ihnen bei ihrem medialen Gönner an untrüglichem Sensorium zu mangeln.

Ein Gegengeschäft auf geistlicher Basis halt, zu dem Nenning die Rechtfertigung liefert: Der Verkehr mit dem Heiligen Geist ist Sexualität von höchster Qualität. Aber man sollte dabei nicht übertreiben, sonst beginnt man mit Engelszungen zu lallen: Der Sex ist kein Münchhausen, der sich am Zopf aus dem Sumpf ziehen kann.

Die religiösen Verzückungen dieses Sehers helfen der katholischen Kirche wenig. Da war sie schon besser bedient mit dem "Krone"-Leser, der klar durchschaute, worin Schönborns Verdienst besteht. Nach dessen Attacke auf Haderer wird es dem STANDARD nicht mehr so leicht möglich sein, mit seinem kommunistischen Unrechts-Imperium die halbe Welt zu unterjochen.

Der Mann formulierte luzide: Die ungemein aggressive und bösartige Reaktion der "Fortschrittlichen", besonders artikuliert im "Standard", auf die kirchliche Zurückweisung der Beleidigungen eines Haderer zeigt vor allem den abgrundtiefen Hass, den diese gegen die katholische Kirche und ihr Oberhaupt, welche einen nicht gerade unerheblichen Beitrag dazu geleistet haben, dass es diesen Herrschaften heute nicht mehr möglich ist, mit ihrem kommunistischen Unrechts-Imperium die halbe Welt zu unterjochen, hegen.

Da kann die halbe Welt aber froh sein, dass es Haderer gibt. Ohne ihn keine kirchliche Zurückweisung, ohne diese keine bösartige Reaktion der "Fortschrittlichen", durch die dann erst aufgeflogen ist, dass sie eben dabei waren, mit ihrem kommunistischen Unrechts-Imperium die halbe Welt zu unterjochen. In Österreich ist was los, aber wahrlich, wer den Herrn Kardinal als Schutzengel hat, der muss nicht verzagen.

So dachte auch Albert Fortell und wähnte den Augenblick günstig, sich der Leserschaft der "Kronen Zeitung" in Erinnerung zu rufen. Ist er schon so lange nicht im Adabei erwähnt worden? Derlei kann in manchen Kreisen christliche Entrüstung enorm anfachen. Eigentlich wäre das alles nicht weiter tragisch, beschrieb er den Anlass seines Briefes, und entzog sich damit eigentlich selber die Rechtfertigung für die folgenden Ausführungen.

Aber bei der Chance, auf der Leserbriefseite mit einem Bildnis gewürdigt zu werden, muss man weitermachen, und zwar so: Ich fordere die große Gruppe der Christen in diesem Lande, und zwar aller christlichen Gemeinschaften - ich gehe davon aus, dass auch Frau Bischöfin Knoll auf das heftigste protestiert hat - dazu auf, den Ueberreuter Verlag zu boykottieren, die dort verlegten Bücher einfach eine Zeit lang nicht zu kaufen.

Dass der selbst ernannte Rufer der Christenheit und anderer Konfessionen Frau Knoll auf sein Niveau herabziehen will, ist peinlich. Ärgerlicher sind seine Boykottaufrufe. Weiters könnte man auch ruhig die AMADEUS Buchhandlungen in Wels und Linz einige Zeit meiden; dort hatte der offensichtlich sonst schon etwas in die Versenkung entschwundene Herr Haderer seine Spezialauftritte. Vielleicht beteiligen sich auch noch Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften in diesem Lande an dem Kaufboykott.

Was man nach Herrn Fortells Boykottaufruf noch vermisst, ist der Aufruf zur Bücherverbrennung. Die Nazis waren da irgendwie konsequenter. Reden wir doch über den Geschmack, den guten, forderte Thomas Chorherr gestern in der "Presse". Aber mit wem?
(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.4.2002)