Berlin - Erstmals ist die Gesamtheit der Proteine vom Gehirn eines Säugetiers entschlüsselt worden. Wie Joachim Klose vom Institut für Humangenetik der Berliner Charite mitteilte, konnten die Forscher das so genannte Proteom vom Gehirn der Maus anhand zweier Stämme bestimmen und vergleichen. Die neuen Erkenntnisse seien interessant für die Pharmaindustrie, denn wenn man die krank machenden Variationen der Proteine kenne, ließen sich auch passende Substanzen dagegen entwickeln. "Die wahren Akteure der Zelle sind nicht ihre Gene, sondern die Proteine, die von den Genen codiert werden", sagte Klose. Die Funktionen der Zelle erschlössen sich erst, wenn man ihre Proteine kenne. Voraussetzung der Proteom-Entschlüsselung sei ein von ihm schon 1975 entwickeltes und bis heute stetig erweitertes Verfahren, die so genannte zweidimensionale Gel-Elektrophorese, sagte Klose. Mit ihr lasse sich die Gesamtmenge der Proteine einer Zelle auf einmal aufarbeiten. Das Verfahren trenne aus der Gesamtheit die einzelnen Proteine wegen derer "Körperlichkeit" und elektrischer Ladung. Variationshäufigkeit

Überraschend hoch sei die Variationshäufigkeit unter jenen Proteinen, die einen Einfluss auf die Entwicklung von Krankheiten nehmen könnten, erläuterte Klose. 1.324 der insgesamt 8.767 Proteine in den beiden Mäusestämmen unterschieden sich in oft erheblichem Maße voneinander. Solche Unterschiede hätten einen starken Einfluss auf die Frage, in welcher Stärke sich Erbkrankheiten bei einzelnen Individuen auswirkten. Außerdem verändere sich mit der Entwicklung des Organismus auch vielfach die Konfiguration der Zellproteine.

Ein verändertes Protein nehme aber auch eine veränderte Funktion in der Zelle wahr. Hier liege ein Schlüssel zu vielen Fragen der Entwicklungsbiologie oder auch der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Medikamenten in verschiedenen Lebensaltern, sagte Klose. (APA)