Zur Person
Seit 39 Jahren beim ORF, ich habe alle überlebt und überdauert. Ich war der jüngste Betriebsrat, den es im ORF je gegeben hat. Bin seit 1966 Betriebsrat, seit Ende 1969 Obmann der Christlichen Gewerkschafter im ORF, seit nun mehr 1976 Mitglied des ORF-Kuratoriums, bzw. des Stiftungsrates.
Zu Lindner:
Ich habe mich seit geraumer Zeit für Monika Lindner entschieden. Allen relevanten
Gesprächspartnern habe ich erklärt, dass ich als Generaldirektor jemanden möchte, der
es wirklich kann, der stark ist und der aus dem ORF-Humus
kommt. Den Top-Politikern des Landes habe ich aber auch erklärt, wen ich allen nicht
will.
Warum nicht Weis?
Weis hat mir ewig nachgetragen, dass ich 1998 für den damaligen kaufmännischen Direktor Peter Radel war und nicht für Weis. Wiewohl ich ermöglicht habe, dass er nach dem Rückzug Radels in einem Aufwaschen die 2/3-Mehrheit bekam. Unser Verhältnis war spätestens seit damals nicht
ungetrübt. Ich habe ihn auch bei einigen Dingen ertappt, die er gegen mich unternommen
hat oder unternehmen ließ. Trotz allem ist ihm für seine großen Verdienste um den
ORF zu danken.
Königsmacher?
Lindner war letztes Endes die Kandidatin, für die ich mich engagiert habe. Deswegen bin
ich aber noch kein Königsmacher. Aber einen gewissen Anteil daran habe ich. Ich war
Helfer, habe meinen Beitrag geleistet. Allerdings hatte ich auch einen gewissen Anteil
daran, dass Bacher durch die "ORF-Partei" zweimal in den ORF zurück geholt wurde.
Obwohl ich mit Bacher viele ernsthafte Konflikte gehabt habe und insbesondere einen,
der bis an die Grenzen meiner bürgerlichen Existenz gegangen ist. Ich habe auch zum
Zorn einiger meiner Parteifreunde in der obersten Etage die Bestellung von Thaddäus
Podgorski zum Generalintendanten auf Anhieb mit 2/3-Mehrheit, übrigens ohne Zugeständnisse, ermöglicht.
Einfluss im ORF/stärker als bei Weis
Natürlich hört man meinen Rat. Den haben auch die anderen Generalintendanten gehört - und sind ihm gefolgt oder auch nicht. Ich will mich nicht als rein christlich demütiger Mensch ausweisen. Aber jene, die behaupten, ich sei auf dem Höhepunkt meines
Einflusses im ORF, tun das sicher nicht in freundlicher Absicht - vielleicht auch, um der
Geschäftsführung zu schaden.
Ich habe die Geltung, die dem obersten Pesonalvertreter eines personalabhängigen Unternehmens zukommt.
Einfluss in der (Medien)Politik
Man sagt mir nach, dass ich ein altes kampferprobtes, letztlich auch gewichtiges Element in dem System bin - was wahrscheinlich auch stimmt. Im Netzwerk der politischen Klasse habe ich eine Reihe von Gesprächspartnern und Freunden. Dazu zählt auch Andreas Khol, letztlich
auch der Bundeskanzler.
Betriebsräte dürfen - entgegen langjähriger Bacher/VP-Forderung - weiter mitwählen
Gegen die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft, als Vorstufe zur späteren Verscherbelung des Unternehmens, habe ich mich wiederholt in die Schlacht geworfen.
Noch unter der SP/VP-Regierung war ich ein ziemlich wirksamer Lobbyist dagegen.
Schüssel hat diesen Punkt der Regierungsvereinbarung letztendlich einseitig zurück gezogen. Auch in der AG kann der Betriebsrat mit seinem Drittel der Aufsichtsräte jeden
Vorstand verhindern, wenn er einheitlich votiert. Dort gibt es das System der doppelten Abstimmung: Ein Kandidat braucht die Mehrheit der Kapitalvertreter, aber auch jene
des gesamten Aufsichtsrates. (Dem widersprecht die Wiener Wettbewerbs- und AG-Rechtsexpertin Karin Wessely. Trotz dieses Prinzips der "doppelten Abstimmung" könnten Vorstände sehr wohl gegen die Stimmen des Betriebsrates bestellt werden, der lediglich ein Drittel der Aufsichtsräte stellt; Anm.)
Man hört: ORF wird eingeschwärzt mit Ihrer tatkräftigen Hilfe
Ein solcher Vorwurf ist mir gegenüber schmeichelhaft, er trifft jedoch so nicht zu - leider.
Daher soll auch Einstellung des Personalentwicklungsprojektes Baumgart rühren
Dessen Ende habe ich durchgesetzt, es wäre aber auch unter Weis gekommen. Mit viel
Mühe ist mir gelungen, das zu einem Prüffeld der ORF-Wirtschaftsprüfer zu machen. Deren Befund war, man soll das nicht auf Dauer mit einem externen Berater machen, sondern implementieren.
Modell vorgeschlagen: HR-Manager mit Personalkompetenzen Buchners.
Das Modell kommt, aber nicht mit den Kompetenzen des Personalbüros. Es gibt die Funktion eines Human Resources Manager, dem die so umbenannte Berufs- und Fortbildung unterstellt ist.
Aber die Personalrekrutierung wird dort erfolgen, wo sie traditionellerweise angesiedelt
ist, im Personalbüro - unter fachlicher Mitwirkung des HR-Managers.
Können Sie verstehen, dass sich die Blauen bisher unterrepräsentiert fühlen?
Ja, aber sie sind selber schuld, wenn sie keine entsprechenden Personalressourcen haben. Außerdem ist das immer eine Frage der beliebigen Adoptierung, Zuordnung, Weglegung...
Gemeint: Draxler?
Das wird niemand sagen wollen. Draxler darf man schon im Zusammenhang mit Blau nennen, als Schande sehe ich das allerdings nicht.
Besetzungen auf weiteren Ebenen zieht sich - politische Junktimierung mit Verträgen
der Geschäftsführung?
Ich kenne diese Interpretation, bin dafür aber nicht zuständig. Da müssen Sie die Generaldirektorin fragen. Es gibt aber natürlich auch die allgemeine Neidgenossenschaft, nicht nur die der Blauen.
ORF liegt 300 Millionen Schilling unter Plan. Pläne Personalabbau ab Herbst
Bis dato wurde das zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat nicht einmal angetönt. Grundsätzlich ist der Zentralbetriebsrat gefragt, wenn derartiges großflächig passiert. Davon gehe ich nicht aus. Wenn das programm der Generaldirektorin greift, werden wir, außer in Einzelfällen, nicht mit weniger Leuten aus kommen. Wenn es nur 300 Millionen S. sind bisher, selbst wenn die angedrohte Milliarde Minus tatsächlich heuer kommt, werden wir sicher damit fertig. Der ORF ist ein gesundes Unternehmen, wir haben einige Rücklagen. Ein zweites Jahr halten wir wohl auch aus. Wenn es darüber hinaus geht, dann wird es kritisch.
Dann gibt es zwei Szenarien: eine wieder günstigere Konjunktur und vielleicht wird ja doch am Gesetz etwas revidiert.
Da rede ich nicht von einer Gebührenerhöhung, die auch immer noch als letzte Möglichkeit leibt. Warum sollte man den ORF krepieren lassen?
In der Politik auf Zurücknahme der Beschränkungen hinwirken?
Ich werde mich zu beteiligen versuchen. Halte das für wirklich anstrebenswert. Das soll ja nicht der Rückfall in manche tatsächlich zu recht kritisierte Praktiken sein. Aber ein bisschen Lockerung oder die Zurücknahme der durch nichts erklärbaren Untersagung der Ringregionalwerbung im Radio. Das steht auch in keinem Zusammenhang mit der ausgeschilderten
Absicht des Gesetzgebers, Privatfernsehen ein bisschen leichter zu machen.
Problem Sonderregelungen ORF mit Abfertigung neu
Das lässt sich sicher regeln.
Pensionswelle 1:1 nachbesetzen?
Nein. Es gibt immer Verschiebungen. Es gibt sicher Aufgaben und Funktionen, die mit
der Zeit durch technologische, durch programmliche Veränderungen in geringerem
Umfang mit nachbesetzt werden müssen. Aber es gibt ebenso Bereiche, wo Bedarf zuwächst.
Freie Mitarbeiter/Stellenplan
Es geht um eine Angleichung der Mehrklassengesellschaft im ORF: Mein Vorwurf an die beiden letzten Generalintendanten hat immer gelautet: Etikettenschwindel, Stellenplankosmetik.
FSP: Lindner will sich das anschauen und eine Übersiedlung zum Programm noch nicht ausschließen.
Ich war derjenige, der sich auch im Namen meiner sozialdemokratischen Partner dagegen zur Wehr gesetzt hat, und zwar handfest. Mir ist nicht der Einfluss der sozialdemokratischen Betriebsräte ein Anliegen, sondern das Wohlergehen und die Funktionsfähigkeit des Unternehmens. Es ist zwar eine Denkschule, das Produktionspersonal Fernsehen - gilt auch
ähnlich bei Radio -, jeweils dem Programm zu unterstellen. Nur es hat sich nicht bewährt.
Anschauen darf man sich's immer. Ich neige dazu, es auszuschließen.
Privilegien eines ZBR
Keine. Ich werde behandelt wie ein hochrangiger Mitarbeiter des ORF, der ich ja auch bin.
Dienstwagen mit Chauffeur
Hätt ich rasend gern. Der gesamte Zentralbetriebsrat verfügt über zwei Dienstautos,
beide VW Passat - wohlgemerkt ohne Chauffeur.