Paris - Der Eindruck eines verzettelten Präsidentschaftswahlkampfes bestätigt sich in Frankreich. Wie der Verfassungsrat Donnerstagabend in Paris bekannt gab, haben nicht weniger als 16 Bewerber die erste Hürde genommen, indem sie mindestens 500 Unterschriften gewählter Volksvertreter und Bürgermeister aus 30 verschiedenen Departements beibrachten. Der bisherige Kandidatenrekord stammt aus dem Jahr 1974, als zwölf Politiker und Politikerinnen in den ersten Wahlgang stiegen. Mit Spannung war das Abschneiden des Rechtsextremisten Jean-Marie Le Pen erwartet worden.

Der 73-jährige Politveteran hatte Staatschef Jacques Chirac vorgeworfen, er bedrohe Bürgermeister mit behördlichem Subventionsentzug, falls sie dem Front-National-Chef ihre Unterschrift gäben. Im Nachhinein scheint es, dass Le Pen die ganze Aufregung nur künstlich inszenierte, um von sich reden zu machen. Schließlich schaffte er die Hürde bequem, obwohl ihm auch sein interner Rivale Bruno Mégret gut 500 Unterschrift abspenstig machte. Auf der Rechten steigen neben Chirac der Liberale Alain Madelin, François Bayrou (UDF) und die Abtreibungsgegnerin Christine Boutin ins Rennen. Auf der Strecke blieb der in zahlreiche verwickelte Altgaullist und EU-Gegner Charles Pasqua, dessen lange Karriere damit wohl endgültig zu Ende geht.

Auf der Linken qualifizierten sich der sozialistische Pre- mierminister Lionel Jospin, der Nationalist Jean-Pierre Chevènement, der Kommunist Robert Hue - und gleich drei Trotzkisten, darunter die unverwüstliche Arlette Laguiller. Bei den Grünen überlebten Noel Mamère (Verts) und die bürgerliche ehemalige Umweltministerin Corinne Lepage das bisherige Auswahlverfahren.

Komplettiert wird der Kandidatenreigen durch den Jäger Jean Saint-Josse, der die konservative französische Provinz repräsentieren will, und die Übersee-Vertreterin Christiane Taubira. Der Steuerzahler-Kandidat Nicolas Miguet brachte die erforderlichen 500 Unterschriften hingegen nicht zusammen. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 6./7. 4.2002)