Oft stellt einen das Leben vor schwierige Entscheidungen. Soll man Prinz Eugen gen Belgrad schicken, um die Provinz von den heidnischen Ottomanen zu befreien? Oder doch eher den protestantischen Ketzern in Böhmen den Krieg erklären? Derart martialische Entscheidungen können Möchtegern-Monarchen im kürzlich auf Deutsch veröffentlichten Strategiespiel "Europa Univeralis II" treffen, in dem man eine Nation durch mehr als 300 Jahre Geschichte führen muss. Das Produkt gilt als Paradebeispiel für einen Trend im PC-Spiele-Bereich: Games mit Liebe zum historischen Detail."Die Gilde" Anfang März veröffentlichte der österreichische Produzent JoWooD sein Spiel "Die Gilde", eine im Mittelalter angesiedelte Wirtschaftssimulation. Gerald Kossaer, Marketingleiter der Vertriebsfirma Dynamic Systems, betont die Detailtreue. "Gebäude und Umgebung im Spiel wurden nach realen Vorbildern gestaltet, auch die Berufsgruppen wie Priester oder Schmied entsprechen in ihrer Rangordnung den sozialen Verhältnissen der damaligen Zeit", erklärt er. Strategiespiele und Simulationen Während das österreichische Unternehmen eher auf den Massenmarkt setzt, sind im speziellen Segment der Strategiespiele und Simulationen Firmen aus ganz Europa teilweise höchst erfolgreich unterwegs. In "Cossacks" von der ukrainischen Firma GSC etwa können Spieler mit korrekt uniformierten Armeen aus zwei Jahrhunderten und 16 europäischen Staaten Krieg spielen. In Frankreich und Großbritannien basteln Antik Games bzw. Slitherine derzeit an Spielen, die im antiken Rom angesiedelt sind. In Europa ist die Geschichte überall Das bereits erwähnte "Europa Universalis II" wiederum kommt aus Schweden. Fredrik Malmberg, einer der Gründer der Softwareschmiede Paradox , glaubt die Gründe der Dominanz der Europäer in diesem Genre zu kennen. "In den USA haben Spiele mit historischem Hintergrund einen schweren Stand, da der Bezug fehlt. In Europa ist Geschichte dagegen überall zu finden, in Städten, Museen und Straßennamen", erklärt er. Für die "älteren Schichten" Vom Vorgängerspiel seien knapp 200.000 Stück verkauft worden, das neue Spiel ist in den USA, Skandinavien und Polen bisher 60.000-mal über die Scannerkassen gezogen worden. Gekauft wird es laut Malmberg hauptsächlich von der Gruppe der 25 bis 35 Jahre alten Spieler, wie überhaupt PC-Spiele von älteren Schichten bevorzugt werden. Eine Einschätzung, die auch mit Studien der IDSA, der Vereinigung US-amerikanischer Softwareproduzenten, übereinstimmt. Demnach sind 28 Prozent der PC-Spieler jünger als 18, aber 42 Prozent älter als 35 Jahre. Bei Konsolenspielen wie Playstation und Gamecube ist es umgekehrt: 42 Prozent sind unter 18 und nur 21 Prozent über 35 Jahre. (Michael Möseneder, Der Standard 6./7. April 2002)