"Alle Polizisten sind korrupt" - auch derartige Vorwürfe gehen anonym im Büro für interne Angelegenheiten, kurz BiA, im Innenministerium ein. Und landen sogleich im Papierkorb von Martin Kreutner. Denn papierln lässt sich der 37-jährige Chef der Abteilung für heikle Fälle sicher nicht. Einschüchtern auch nicht. Wenn notwendig, nimmt es sein Team auch mit der Elite des Kriminaldienstes auf. Und diesmal war es eben notwendig, gegen drei "Mafiajäger" zu ermitteln. Ob sich die Verdachtsmomente als richtig herausstellen, ist nun Sache der Justiz.Zum Stammteam des BiA gehören acht Mitarbeiter - laut Kreutner alles "g'standene Frauen und Männer aus der Exekutive". Nur er selbst kommt woanders her. Aus dem Bundesheer. Kritiker sagen ihm deshalb auch gern in kryptischen Andeutungen Kontakte zu militärischen Geheimdiensten nach. In Wirklichkeit war der gebürtige Tiroler mit abgeschlossenem Jusstudium beim Jagdkommando in Wiener Neustadt. "Sozusagen beim Gegenstück der Cobra", wie es Kreutner ausdrückt, um Nähe zur Eliteeinheit der Gendarmerie zu signalisieren. Ins Innenministerium wurde Kreutner vom Ressortchef höchstpersönlich geholt. Der dynamische Mann passte gut in das junge Team von Ernst Strasser. Der Fleiß des Junggesellen ebenfalls. Kreutner ist "nebenbei" Gerichtssachverständiger für Kriminologie und betreibt außerdem ein postgraduelles Fachstudium. Dass die Aufgabe, die ihm Strasser vor etwa mehr als einem Jahr übertrug, nicht einfach ist, war Kreutner von Anfang an klar. Mittlerweile hätten sich aber die Vorbehalte aus der Kollegenschaft relativiert. "Weil wir objektiv und genau arbeiten", ist der BiA-Chef überzeugt. Und außerdem weisungsfrei. Das Büro ist in der Sektion V (Recht, Kontrolle und Verwaltungsinnovation) angesiedelt. Strasser wollte die neue Abteilung bewusst frei von allen klassischen kriminaldienstlichen Einflüssen halten. Jede Dienststelle, die von einer Straftat mit BiA-Zuständigkeit erfährt, muss das Büro unverzüglich schriftlich informieren. Es gibt keine interne Meldepflicht. Kreutner: "Kontrolliert werden wir von der Justiz, an die wir die Fälle ja weiterleiten." Einmal pro Jahr erhält der Innenminister einen statistischen Tätigkeitsbericht. Ins BiA kommen nur Angelegenheiten mit strafrechtlicher Relevanz, dienstrechtliche Verfehlungen landen weiter vor der Disziplinarkommission. Ein Vorbild für das BiA war das Dezernat für interne Ermittlungen in Hamburg. Mittlerweile interessieren sich viele Staaten für das Modell aus der Wiener Herrengasse. Was Kreutner freut: "Denn Länder, die sagen, sie hätten keine internen Polizeiprobleme, haben ganz sicher ein Problem." (DER STANDARD, Printausgabe 06./07.042002)