Brasilien
Slumbewohnerin wird erste schwarze Landes-Gouverneurin Brasiliens
Bisherige Vize-Gouverneurin Benedita da Silva gewinnt Wahlen
Rio de Janeiro - Eine Slumbewohnerin ist in Brasilien
als erste schwarze Regierungschefin eines Bundeslandes vereidigt
worden. Die 60-jährige Benedita da Silva von der sozialistischen
Partei der Arbeiter (PT), bisher Vize-Gouverneurin des Landes Rio de
Janeiro, übernahm am Samstag das Spitzenamt, nachdem Gouverneur
Anthony Garotinho zurückgetreten ist, um sich auf die Kandidatur bei
den Präsidentenwahlen vom Oktober vorzubereiten. "Ich habe wenig Zeit
und eine große Herausforderung vor mir", sagte da Silva weinend in
ihrer Antrittsrede im Landesparlament von Rio. Die neuen Gouverneure
werden ebenfalls im Oktober gewählt. Da Silva ist nicht nur die erste schwarze Gouverneurin des
südamerikanischen Landes, sondern auch die erste Frau, die im Land
Rio an die Macht kommt. Zur ersten weiblichen Landeschefin überhaupt
war in Brasilien erst Mitte der 90er Jahre Roseana Sarney avanciert.
Sarney war am Freitag als Gouverneurin in Maranhao zurückgetreten,
weil sie bei den Präsidentenwahlen als chancenreiche Kandidatin der
rechtskonservativen Partei der Liberalen Front (PFL) ins Rennen geht.
Putzfrau aus einem Slum
Als Tochter eines Bauarbeiters und einer Putzfrau in einem Slum
von Rio geboren, musste Benedita - wie sie von den Medien gerufen
wird - sich in jungen Jahren unter anderem als Straßenverkäuferin von
Zitronen und Erdnüssen durchschlagen. Sie arbeitete danach als
Sozialarbeiterin, holte Schul- und Universitätsabschluss nach und
ging in den 80-er Jahren unter dem Motto "Ich bin schwarz, Frau und
Slumbewohnerin" - das auf die drei meist diskriminierten
Bevölkerungsteile Brasiliens anspielt - in die Politik.
Benedita war auch die erste Schwarze, die in den Stadtrat von Rio
sowie in den Senat in Brasilia gewählt wurde. Heute lebt die resolute
Großmutter immer noch im Slum "Chapeu Mangueira" unweit des
weltberühmten Strandviertels Copacabana, wo sie zur Welt kam.
Allerdings hat sie längst ihr kleines Geburtshaus aus Holz und Blech
verlassen und sich und ihrer Familie ein größeres Haus gebaut.(APA/dpa)