Nahost
Menschenrechtler werfen Israel Exekutionen und Plünderungen vor
ai: "Kampf gegen Terrorismus" terrorisiert gesamte palästinensische Bevölkerung - RSF: Kriegsverbrechen in besetzten Gebieten
Jerusalem - Internationale
Menschenrechtsorganisationen haben schwere Vorwürfe gegen Israel
erhoben. Es gebe Berichte über Exekutionen, Folter, Plünderungen,
gezielte Behinderungen von Sanitätern und Journalisten durch
israelische Soldaten, sagten Sprecher von acht Menschenrechtsgruppen
in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Sonntag in Jerusalem.
Gleichzeitig räumten sie ein, dass wegen der schwierigen
Informationslage einige Berichte noch nicht abschließend hätten
geprüft werden können. Die israelische Armee dementierte die
Vorwürfe. "Wir haben Berichte von außergerichtlichen Exekutionen", sagte
Marc Neuman von amnesty international (ai). Dies betreffe vor allem
von Israel gesuchte Palästinenser. Zudem seien mehrere und glaubhafte
Beobachtungen von Plünderungen bekannt geworden. Palästinensische
Gefangene berichteten, dass sie von Soldaten hart geschlagen worden
seien. "Diese Aktionen lassen sich absolut nicht durch militärische
Notwendigkeiten rechtfertigen", sagte Neuman. "Wir haben uns nicht
vorgestellt, dass der Krieg gegen den Terrorismus bedeutet, dass sich
alle palästinensischen Einwohner der besetzten Gebiete terrorisiert
fühlen."
500.000 Menschen ohne Trinkwasser
Khadeer Shkirat von der Palästinensischen Gesellschaft zum Schutz
der Menschenrechte und Umwelt sagte, 500.000 Palästinenser seien
gegenwärtig ohne Trinkwasser. Er habe zudem Berichte über
Exekutionen. Im Gebäude der Kairoer Bank in Ramallah seien fünf
palästinensische Polizisten in einem kleinen Raum aus kurzer
Entfernung erschossen, im Islamischen Club seien vier Zivilisten und
Polizisten "hingerichtet" worden. Dies hätten Ärzte berichtet. Ein
Armeesprecher entgegnete: "Die israelische Armee exekutiert
niemanden, wir bringen Leute vor Gericht." Soldaten, denen
Plünderungen nachgewiesen werde, würden bestraft. "Die israelische
Armee hat jeden Soldaten angewiesen, Leben und Eigentum zu
respektieren."
Dagegen betonte Jessica Montell von der israelischen
Menschenrechtsgruppe B'Tselem, Plünderungen hätten ihr auch
israelische Quellen bestätigt. Nach deren Aussagen hätten sich
israelische Soldaten aus palästinensischen Häusern in Bethlehem
"Souvenirs mitgenommen". Darüber hinaus gebe es zahlreiche
palästinensische Berichte über gestohlenes Geld und Gold. Gefangene
hätten von Folter berichtet. B'Tselem hatte die Schießbefehle der
israelischen Armee für die hohe Zahl von Toten unter den
Palästinensern verantwortlich gemacht. Nach Angaben von B'Tselem
("Gottes Ebenbild") haben Soldaten aus eigenem Antrieb das Feuer auf
palästinensische Städte und Dörfer eröffnet, auch wenn dem keine
palästinensischen Angriffe vorausgegangen waren.
Der Generalsekretär von "Reporter ohne Grenzen" (RSF), Robert
Menard, sagte, mehr als 40 Journalisten seien in den vergangenen zehn
Tagen an ihrer Arbeit gehindert, fünf verletzt und einer getötet
worden. Zwei palästinensische Kollegen befänden sich derzeit in Haft,
sechs seien wieder freigelassen worden. Die israelische Armee wolle
Journalisten gezielt einschüchtern, sagte er. Das betreffe vor allem
palästinensische Reporter. Zwei von ihnen hätten sich in Ramallah auf
offener Straße ausziehen müssen, berichtete Menard. Von den mehr als
600 palästinensischen Kollegen hätten mehr als die Hälfte inzwischen
ihre israelischen Akkreditierungen verloren. Damit könnten sie sich
nicht mehr frei bewegen. "Die israelische Armee verfolgt
offensichtlich das Ziel, ihre Kriegsverbrechen in den besetzten
Gebieten zu verbergen", sagte Menard.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat die
Aktivitäten seiner Rot-Kreuz- und Roter-Halbmond-Helfer im
Westjordanland nach eigenen Angaben wegen zahlreicher
Gefährdungsvorfälle eingeschränkt. In einer Erklärung des IKRK wird
der israelischen Armee vorgeworfen, bei Operationen gegen die
Palästinenser wiederholt Fahrzeuge der Rettungshelfer beschossen oder
behindert zu haben. (APA/dpa/Reuters)