New York/Sao Paulo - Die Zersplitterung der angeschlagenen US-Wirtschaftprüfungsgesellschaft Andersen schreitet weltweit weiter voran. Die Nahost-Partner des durch sein Enron-Engagement in die Krise geratenen Unternehmens kündigten die Fusion mit dem weltweiten Branchenführer PricewaterhouseCoopers an. In Brasilien teilte die dortige Tochter des Konkurrenten De- loitte & Touche mit, die lokalen Fusionsgespräche mit Andersen gingen weiter. Auch in den USA begann die Zersplitterung von Andersen. Dort schlossen sich nach Andersen-Angaben zahlreiche Partner Deloitte an. Weltweit wird damit die Zahl jener Kunden, die Arthur Andersen den Rücken kehren, immer größer. Rasanter Kunden-Exodus Allein in den vergangenen zehn Tagen hat sich ihre Zahl mehr als verdoppelt. Seit dem Jahresbeginn 2002 sind der Kanzlei 50 börsennotierte Großkunden abhanden gekommen. Die Zahl der abgesprungenen Klienten summiert sich somit bereits auf 103 Firmen, das verlorene Beratungsetat beträgt rund 424 Mio. Dollar (481 Mio. EURO) Prominente Vertreter, die erst in jüngster Zeit zu Konkurrenten übergelaufenen sind, sind etwa der Versorger Southern Company, der Energieriese FirstEnergy, der Industriekomplex SPX oder Xcel Energy. FirstEnergy war bereits seit 71 Jahren Stammkunde von Andersen, Southern seit 54 Jahren. Viele der Kunden, die jetzt auf Andersen verzichten, wurden seit über 50 Jahren betreut, wie Vectren, eine Strom- und Gasversorgungsgruppe, die 83 Jahren lang Andersen-Kunde war und den Vertrag vor zwei Wochen mit noch unbekanntem Ziel aufgelöst hatte. Auch ITT Industries, ein weiterer Stammkunde, der Andersen 75 Jahr lang die Treue gehalten hatte, ist abgesprungen. Die meisten Kunden verlor Andersen bisher an Ernst & Young (28) und PricewaterhouseCoopers (22). 15 wechselten zu KPMG und elf zu Deloitte & Touche. Acht Großkunden liefen zu anderen Beratungsfirmen über, 19 verließen das Unternehmen mit noch unbestimmtem Ziel. Vor Gericht

Wie berichtet, steht Andersen wegen der Vernichtung zahlreicher Dokumente in Zusammenhang mit der Buchprüfung des Energiekonzerns Enron unter anderem eine Anklage der US-Justizbehörde wegen Justizbehinderung ins Haus. Andersen hatte jahrelang die Buchführung von Enron geprüft. Die Firma hatte Schulden in dreistelliger Millionen-Dollar-Höhe in dubiosen Partnerschaften versteckt. Enron beantragte im Dezember Gläubigerschutz, das war bis jetzt die größte Pleite der US-Geschichte. (Reuters, DER STANDARD, Printausgabe 8.4.2002)