Budapest - Nach dem knappen Sieg der Sozialisten (MSZP) bei der ersten Runde der Parlamentswahlen in Ungarn kündigt sich für den zweiten Durchgang ein Kampf um jede Stimme an. In der ersten Runde am Sonntag wurden erst 185 der 386 Abgeordnetenmandate vergeben. Sowohl die Sozialisten als auch der bisher regierende konservative Bund Junger Demokraten (Fidesz) müssen nun alle Kräfte für den Sieg mobilisieren. Von den 185 vergebenen Mandaten entfallen 93 auf die Sozialisten, 87 auf Fidesz, vier auf die Liberalen und eines auf einen gemeinsamen MSZP-SZDSZ-Kandidaten. In den insgesamt 176 Einzelwahlkreisen gewannen am Sonntag mit 45 Kandidaten bereits überraschend viele die erforderliche absolute Mehrheit und ziehen direkt ins Parlament ein. Davon entfallen 24 auf die Sozialisten, 20 auf Fidesz und eines auf den gemeinsamen Kandidaten der Sozialisten und Liberalen. Damit bleiben in der zweiten Wahlrunde noch 131 Einzelwahlkreismandate zu vergeben. Zur zweiten Runde dürfen die drei bestplatzierten Bewerber des ersten Durchgangs antreten. Für den Parlamentseinzug reicht die relative Mehrheit, sofern sie über 25 Prozent liegt. In der ersten Runde erreichten die Sozialisten 97 erste und 73 zweite Plätze. Fidesz kam auf 76 erste und 99 zweite sowie einen dritten Platz. Die Liberalen schafften in 103 Wahlkreisen den dritten Platz. Von den am Sonntag unter der Fünf-Prozent-Hürde gebliebenen Parteien erreichte die Zentrumspartei 29 dritte Plätze, die rechtsradikale Ungarische Wahrheits- und Lebenspartei (MIEP) 25 dritte Plätze und die unabhängigen Kleinlandwirte (FKGP) vier dritte Plätze. Auf all diese Stimmen wird sich Fidesz nun konzentrieren müssen. Ebenfalls erst nach der zweiten Runde vergeben werden die 58 Sitze der Landesliste. Sie gehen an jene drei Parteien, die diesmal die Fünf-Prozent-Hürde übertroffen haben (MSZP, Fidesz und SZDSZ). Die Zuordnung erfolgt proportional nach Anzahl der gewonnenen Stimmen, um auch die Parteien der in den Einzelwahllisten unterlegenen Kandidaten entsprechend ihrer Stärke realistisch zu gewichten. Weiter zwei Sitze sind noch auf der Parteiliste offen. Vergleicht man das Ergebnis der erste Runde von 2002 mit jenem von 1998 zeigt sich ein weiterer Trend zur Polarisierung. Wenn man sehr grob Sozialisten, Liberale und Arbeiterpartei als Linke definiert und Fidesz, das heute mit Fidesz verbündete Demokratische Forum (MDF), Zentrumspartei, MIEP und Kleinlandwirte als Rechte, so zeigt sich, dass 1998 die vereinigte Linke in der ersten Runde auf 43,73 Prozent kam und die vereinigte Rechte auf 47,96 Prozent. In der ersten Runde 2002 waren es am Sonntag 49.77 Prozent für die Linke und 50,11 für die Rechte. Ganz offensichtlich ist, dass Fidesz sich zur beherrschenden Kraft der Rechten machen konnte. Dies ging allerdings auf Kosten möglicher Bündnispartner. Auf der Strecke blieb bei der Entwicklung der vergangenen vier Jahre die Mitte, was sich auch in dem letztlich doch enttäuschenden Abschneiden der Liberalen mit nur 5,56 Prozent zeigte. (APA)