Kunst und Kultur
Wer staunt, ist Klüger
Autorin Ruth Klüger ist diesjährige Co-Ausgezeichnete des Kreisky-Buch-Preises
Wien - Mehrere PreisträgerInnen gibt es heuer für den Bruno
Kreisky Preis für das politische Buch 2001. An der "Spitze stehen
Ruth Klüger und Milo Dor, die für ihr bisheriges Gesamtwerk
ausgezeichnet werden", so SPÖ-Europaabgeordneter und Vorsitzender der
Jury, Hannes Swoboda am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien. Die
Werke der PreisträgerInnen stünden in einem "individuellen Zusammenhang".
Es gehe um Konflikte in der Gesellschaft, wie Vertreibung, Heimat,
Fremdenhass oder Ausgrenzung. Ein politisches Buch sei von einer klaren politischen Aussage
gekennzeichnet. Entscheidend sei das politische Bewusstsein der
Aufklärung. Das sei in allen Fällen geben, begründet Swoboda die
Entscheidung der Jury.
Erstaunte Ausgezeichnete
Klüger zeigte sich erstaunt, dass ihr der Bruno Kreisky-Preis
zuerkannt wurde. Sie habe sich gefragt, "welches politische Buch habe
ich geschrieben". Einerseits habe sie ihre Biografie ( "weiter leben
- Eine Jugend", Anm.) verfasst, die mehr als erwartet gelesen worden
sei. Auf der anderen Seite sei sie eben auch
Literaturwissenschafterin. Zudem habe sie zu "ihrer Stadt Wien" ein
politisches Verhältnis. Sie komme sehr gerne, selbst wenn sie sich
abwechselnd über Wien ärgere und freue. Im September 1942 wurde Ruth
Klüger zusammen mit ihrer Mutter aus Wien deportiert. Sie kam erst in
das KZ Theresienstadt, dann nach Auschwitz-Birkenau und schließlich
nach Christianstadt in Schlesien. 1945 gelang ihr die Flucht, 1947
emigrierte sie schließlich als 16-Jährige mit der Mutter in die USA.
Auch bei Milo Dor handle es sich um eine Vertriebenen, wie Swoboda
betonte. Allerdings um einen nach und nicht aus Wien Vertriebenen. Er
sei von der Politik immer hin und her geschoben worden, so Dor. Daher
habe er sich gezwungen gesehen, darauf zu reagieren. So befassten
sich etwa auch seine ganzen Romane mit der Problematik des Eingriffs
von Diktaturen in das Privatleben.
Weitere Auszeichnungen
Neben Klüger und Dor ist auch der Wirtschaftstheoretiker und
Nobelpreisträger Amartya Sen für sein Werk "Ökonomie für den
Menschen" mit dem Bruno Kreisky-Preis für das politische Buch
ausgezeichnet worden. Die Preisverleihung erfolgte aus terminlichen
Gründen bereits Mitte März. Neben den Hauptpreisen werden auch noch
zwei Anerkennungspreise vergeben: An Erwin Hirtenfelder/Bertram Karl
Steiner für "Tatort Koligsaal 1929-1999" sowie an Siglinde
Bolbecher/Konstantin Kaiser für "Lexikon der Österreichischen
Exilliteratur" sowie ein Sonderpreis des Freien Wirtschaftsverbandes
Wien an den Milena Verlag.
Der Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch wird seit 1993 zum
Andenken an den Alt-Bundeskanzler und SPÖ-Parteichef vergeben. Die
feierliche Preisverleihung findet Montagabend im Bruno-Kreisky-Forum
für internationalen Dialog in Wien statt.
(APA)