Unternehmen
Enron: Sammelklage auf Banken und Anwälte ausgedehnt
Banken sollen schon Ende Juni 2001 von der angespannten Finanzlage gewusst haben
New York - Die Zahl der Angeklagten in der Sammelklage
gegen die Verantwortlichen für den Zusammenbruch des Energiekonzerns
Enron nimmt zu. Die erweiterte Klage, die am Montag bei einem
US-Gericht eingereicht werden soll, schließt nun auch neun
Investmentbanken sowie zwei Anwaltskanzleien ein. Zu den beklagten
Instituten gehören die Deutsche Bank AG, Frankfurt, die Credit Suisse
First Boston, Zürich, die Canadian Imperial Bank of Commerce, die
Barclays plc, London, sowie die US-Institute J.P. Morgan Chase,
Lehman Brothers, Merrill Lynch, Citigroup, alle New York, und die
Banc of America.Mitwisser
Die Kläger haben eine detaillierte Chronologie der Entwicklung bei
Enron im Zeitraum vom Juli 1998 bis zum 7. März 2002 vorgelegt. Darin
sind Äußerungen der Unternehmensleitung ebenso enthalten wie
Kursveränderungen und die Zahl der Aktien, die dann von Insidern
verkauft wurden. Aus der Chronologie geht den Klägern zufolge auch
der Zusammenhang zwischen Aktienemissionen und Kauf-Empfehlungen der
Konsortialbanken für die Enron-Aktie hervor. Spätestens im Juni 2001
hätten einige Banken von der angespannten Finanzlage des Unternehmens
gewusst, heißt es. Trotzdem seien weiter Kaufempfehlungen und
überhöhte Kursziele ausgesprochen worden.
Die Kläger werfen den Banken ferner vor, Enron mit Krediten am
Leben gehalten und ihre eigenen Transaktionen mit dem Unternehmen
geschützt zu haben. Als Gegenleistung für die Kredite hätten
Führungskräfte der Banken das Angebot erhalten, in Partnerschaften
von Enron zu investieren, die hohe Gewinne aus Verträgen mit Enron
zogen. Diese Verträge hätten letztlich den Zusammenbruch von Enron
bewirkt, argumentieren die Kläger. Dieses betrügerische System habe
nicht allein vom Unternehmen selbst aufrechterhalten werden können.
Dazu habe es der Hilfe von Banken, Wirtschaftsprüfern und Anwälten
bedurft.
Anwaltskanzleien können jedoch nach einer Entscheidung des
obersten Gerichts der USA nicht auf Schadenersatz verklagt werden,
wenn sie an der Ausarbeitung von Verträgen beteiligt waren, die sich
später als betrügerisch erwiesen. Im Fall der beklagten
Anwaltskanzleien Vinson & Elkins, Houston, und Kirkland & Ellis,
Chicago, lauten die Vorwürfe daher auf Mitwisserschaft in einem
Betrugsfall. Die Anwälte von Vinson & Elkins hatten Enron beim
Abschluss der Partnerschaften beraten und auch die Berichte an die
US-Börsenaufsicht SEC geprüft. Die Kanzlei wollte die Vorwürfe nicht
kommentieren. Sie habe die Klage noch nicht einsehen können, hieß es.
Andersen-Partner haften nicht
Kirkland & Ellis dagegen sieht sich zu Unrecht angeklagt. Man habe
Enron nie vertreten und trage keinerlei Verantwortung für die
Bilanzierung des Unternehmens, erklärte die Kanzlei. Ähnlich äußern
sich auch die außerhalb der USA ansässigen Partner der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Arthur Andersen, von denen einige
ebenfalls in die Klage einbezogen wurden. Die Mitglieder von Andersen
Worldwide, der Dachorganisation von Andersen, haften nach Angaben
ihres Sprechers Charlie Leonard nicht für Schadenersatzforderungen
gegen die Arthur Andersen LLP in den USA.
Er glaube auch nicht, dass ausländische Mitglieder von Andersen
Worldwide daran gehindert werden könnten, sich anderen
Wirtschaftsprüfungsunternehmen anzuschließen. Am Freitag war bekannt
geworden, dass die Kläger im Enron-Prozess einen Antrag auf
einstweilige Verfügung eingereicht hatten, mit dem die Abspaltung
ausländischer Partner sowie der Verkauf von Aktiva verhindert werden
sollte. Über den Antrag soll an diesem Montag entschieden werden. (APA/vwd)