Amsterdam/Wien - Seit einigen Tagen wird die Tauschsoftware KaZaA in einschlägigen Foren als "Doppelagent" geschmäht: Ohne seine Nutzer darüber zu informieren, hatte die in Amsterdam beheimatete Firma seit einigen Monaten seine Software mit einem Zusatzprogramm aufgepeppt, das die Funktionen für ein alternatives, kommerzielles Netzwerk beinhaltete, die also die Wiedergabe von Werbung vereinfachen würde. "Wir können keinen Nachteil für unsere Anwender sehen", erklärt Sharman-Geschäftsführerin Nicola Hemming. Die Software wäre nur mit Zustimmung des Verbrauchers aktiviert worden. Die australische Firma Sharman ist seit ein paar Wochen Eigentümerin von KaZaA. Mit der angehängten Software der Firma Brilliant Digital Entertainment können mehrere Zusatznutzen bewerkstelligt werden: Einerseits werden Daten für zukünftige Marketingzwecke (etwa über das Downloadverhalten oder den Musikgeschmack) gesammelt, andererseits kann der Anwender-PC für verteiltes Rechnen und Speichern genutzt werden. Laut Berichten von US-Medien hatte KaZaA/Sherman geplant, in etwa sechs Wochen zwei unterschiedliche Services anzubieten: eine Gratisschiene, bei der die Brilliant-Software mitlaufen würde, sowie eine Variante, für die Gebühren hätten verrechnet werden sollen. Finanzierungsproblem Der Disput versinnbildlicht wieder einmal das (Finanzierungs-)Problem, das sich bei allen Anbietern von Gratis-software über kurz oder lang auftut. KaZaA/Sherman hatte mit dem Upgrade vor gehabt, in den nächsten Wochen zu starten. Aufgrund der Qualitätskontrolle, die man einzuziehen gedachte, glaubte man den Musikliebhabern ein paar Dollar entlocken zu können. KaZaA ist eine der Tauschbörsen, die seit der gerichtlich verfügten Schließung von Napster die Musikfreunde anzieht. Über KaZaA kann man nicht nur MP3-Musikdateien austauschen. Auch Bilder, Videos, Animationen und Software sind zu haben. Die Finanzierung solcher Softwareanbieter - weitere bekannte sind Morpheus oder BearShare - erfolgt in Form von Werbung. KaZaA hatte in den Niederlanden wegen Verstößen gegen das Urheberrecht eine Gerichtssache anhängig, das Urteil war jedoch aufgehoben worden. Begründung: Für solche Rechtsverletzungen seien die Nutzer verantwortlich. (ruz, DER STANDARD, Printausgabe 9.4.2002)