Wirtschaftsrecht
Die teuren Kunstfehler des Rechtsanwalts
Der Berater muss Schäden beim Mandanten minimieren - oder er haftet am Ende selbst
Wien - Wer einen Prozess verliert, sucht gerne einen Schuldigen für die Niederlage. So manch einer erinnert sich da an seinen Rechtsanwalt. Wie weit dessen Regresspflicht reicht, hat dann am Ende oft der Oberste Gerichtshof (OGH) zu beurteilen.Aus dessen jüngster anwaltsrechtlicher Entscheidung (11. 2. 2002, 7 Ob 316/ 01y) ergibt sich ganz allgemein Folgendes: Wenn sie keine Nachteile mit sich bringt, muss der Anwalt jede Maßnahme zur Vermeidung oder Verminderung eines Schadens beim Mandanten ergreifen. Das gilt auch dann, wenn sich herausstellt, dass die Maßnahme möglicherweise gar nicht notwendig war.
Der Anwalt ist von dieser Pflicht nur befreit, wenn der Mandant die Maßnahme ausdrücklich ablehnt - und ausreichend belehrt worden ist.
Die erforderliche Belehrung seines Mandanten gehört zu den wichtigsten Aufgaben des Anwalts, wenn er eine Prozessvertretung übernimmt. "Erforderlich" heißt nach der jüngsten OGH-Entscheidung dabei zum Beispiel: Ein Anwalt hat seinen Klienten darüber zu belehren, dass es ratsam und zweckmäßig wäre, in einem Streit um Schadenersatz gegenüber dem Geschädigten den Einwand des Mitverschuldens zu erheben.
"Standardwissen"
Es gehöre nämlich, so der OGH, zum "Standardwissen" eines Anwalts in einem Schadenersatzprozess, dass ein nahe liegender Mitverschuldenseinwand "zumindest vorsichtshalber" erhoben werden sollte. Unterlässt man diesen Einwand und fällt dadurch die Schadenersatzpflicht höher aus als notwendig, so haftet aufgrund dieses "Kunstfehlers" am Ende der Anwalt seinem Mandanten auf Schadenersatz.
Einem "pflichtbewussten Rechtsanwalt" muss laut OGH nämlich bekannt sein, dass auf das Mitverschulden eines Geschädigten nicht ohne entsprechende Einwendung der Parteien Bedacht genommen werden kann. Das Gericht hat darauf nur einzugehen, wenn dieser Einwand ausdrücklich oder zumindest durch einen "indizierenden Sachverhalt" geltend gemacht wird.